Frankenthal Organist mit Organisationstalent

Mit sieben begann seine Musiker-Laufbahn: Felix Schmidt.
Mit sieben begann seine Musiker-Laufbahn: Felix Schmidt.

Solche wie er sind selten: Der 18-jährige Felix Schmidt ist der jüngste Orgelmusiker im protestantischen Kirchenbezirk Frankenthal. Organisten sind bundesweit Mangelware, was der Gymnasiast an der Frankenthaler Waldorfschule nicht nachvollziehen kann – Orgelspielen ist seine Leidenschaft.

Messe, Beerdigung, Hochzeit – bei vielen kirchlichen Ereignissen ist der volle und sakrale Ton der Orgel nicht wegzudenken. Mancherorts behilft man sich aus Mangel an Kirchenmusikern mit Karaoke-Orgeln – zum einen sind dies selbst spielende Digitalorgeln, zum anderen elektronische Kirchenorgel-Selbstspieleinrichtungen. Für Schmidt sind das keine Lösungen, nichts könne einen Organisten in der Kirche ersetzen. „Der Orgelspieler dirigiert mit seiner Musik live die Gemeinde, gibt das Tempo vor und den musikalischen Ausdruck der Kirchengesänge.“ Außerdem begleite er zahlreiche Zeremonien mit Orgelwerken, deren Länge er stets an die jeweilige Zeitdauer einer kirchlichen Handlung angleiche. „Einen perfekten Ablauf beim Gottesdienst gibt es nie, der Orgelspieler muss sich immer mit Fingerspitzengefühl anpassen.“ Schmidts Karriere zum freiberuflichen Organisten der Luthergemeinde in der Carl-Bosch-Siedlung begann vor vier Jahren rein zufällig. Gemeindepfarrer Martin Henninger war auf der Suche nach einem Ersatz für die Brüder Christoph und Stephan Roth, die jahrelang die Pfeifenorgel aus der Werkstatt des Lübecker Orgelbauers Kemper bespielt hatten und aus beruflichen Gründen aufhören wollten. Bei einem Elternabend zur Konfirmation spielte der damals 14-jährige Felix, der seit dem siebten Lebensjahr Klavierunterricht bekam, auf dem Flügel im Gemeindesaal. „Henninger hat gleich Lunte gerochen“, erinnert sich der heute 18-Jährige schmunzelnd. „Hinter meinem Rücken hat der Pfarrer mit meinen Eltern beschlossen, dass ich sein neuer Organist werden sollte.“ Zur Konfirmation bekam Schmidt einen Gutschein für Orgelunterricht bei Eckhart Mayer, der als einer von derzeit 14 hauptamtlichen Bezirkskantoren der Pfälzischen Landeskirche die Verantwortung für das kirchenmusikalische Leben im Frankenthaler Dekanat trägt. An seine Feuerprobe erinnert sich Schmidt noch sehr genau: „Bei meinem ersten Auftritt ein halbes Jahr nach der Konfirmation spielte ich in der Zwölf-Apostel-Kirche beim Adventskonzert einen Choral und ein Präludium von Markus Nickel. Es war der Horror, ich war total aufgeregt, obwohl ich wochenlang geübt hatte.“ Mittlerweile hat er Routine und spielt viele Stücke für die sonntäglichen Gottesdienste in der Lutherkirche vom Blatt. „Trotzdem, als Organist bin ich immer noch blutiger Anfänger“, meint der gebürtige Mannheimer bescheiden. Der Nebenjob als Orgelspieler hat für Schmidt viele Vorteile. Während sich seine Altersgenossen mit Jobs als Aushilfen und Zeitungsausträger ihr Taschengeld aufbessern, verdient er sein Zubrot mit seinem musikalischen Hobby – „und die Orgel hat meinen Glauben verstärkt, weil ich so oft bei den Predigten zuhöre“. Ein dickes Fell müsse man jedoch schon haben, fügt er augenzwinkernd hinzu: „Im Winter sind die Temperaturen in den Kirchen oft einstellig.“ Mehrmals in der Woche radelt der Zwölftklässler – am liebsten in den Abendstunden – in die Lutherkirche und übt an der Orgel, die über knapp 3000 Pfeifen verfügt. Das komplexe Instrument mit den zwei Klaviaturen, 20 Registerzügen und 29 Pedalen zu bedienen bezeichnet er als „echtes Multitasking und Herausforderung“. Er träumt von einer noch größeren Herausforderung: „Ich würde gern mal die Orgeln in der größten Kathedrale Deutschlands bespielen – im Kölner Dom. Es sind gewaltige Orgelanlagen, an denen alles funktioniert.“ Jede andere ihm bekannte Orgel habe irgendwelche Defekte, mit denen ein Organist klarkommen müsse. „Es ist wie bei einem Oldtimer, der nicht reibungslos fährt.“ Orgeln gelten als eines der schwierigsten Instrumente, dennoch reizt den Organisten ein weiteres Instrument: Als Sippenführer der Pfadfindergruppe Luchse im Verband christlicher Pfadfinder (VCP) bringt sich Schmidt nun selber das Gitarrespielen bei. Das Managen der Sippenstunden von bis zu 15 Pfadfindern ist für ihn manchmal „eine gewaltige Kraftprobe“, und es hängt noch einiges mehr Organisationsarbeit an diesem Amt. Es gilt, Ausflüge zu organisieren, bei Kirchenfesten zu helfen – und in der Adventszeit wird Schmidt mit seinen Luchsen Pralinen herstellen. Wenn an Heiligabend seine Pfadfinder das Friedenslicht aus dem Speyerer Dom in die Lutherkirche bringen, wird Schmidt sie nicht begleiten. Denn dann sitzt er als Organist mit dem Rücken zum Altar – und schon jetzt freut er sich auf die Weihnachtshymne, bei der er möglichst viele Register der Orgel ziehen wird: „Oh du fröhliche“.

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