Speyer Lautstarke Tradition wiederbelebt

Immer noch mit Leidenschaft dabei: Günter Mang mit seinem Schaftböller, den das Otterstadter Ortswappen ziert.
Immer noch mit Leidenschaft dabei: Günter Mang mit seinem Schaftböller, den das Otterstadter Ortswappen ziert.

«OTTERSTADT.» Bei einem Urlaub in Bayern wurde die Idee geboren, denn in Süddeutschland ist die Tradition des Böllerschießens weit verbreitet. Mit speziellem Schießgerät wird dabei mit Schwarzpulver ein Knall erzeugt. Auch in der ehemals bayerischen Pfalz wurde geböllert: In Otterstadt ist dies für den Beginn des 20. Jahrhunderts verbürgt. Mit den Salutschüssen wurde der Geburtstag des Prinzregenten Luitpold gefeiert. „Wir wollten die Tradition wieder aufleben lassen“, sagt Günter Mang. Die neu gegründeten Otterstadter Böllerschützen hatten ihren ersten Einsatz beim Neujahrsschießen 1994. „Da war Stimmung und gut was los“, erinnert sich Mang. Von Anfang an fungierte er dabei als Kommandant. Als solcher organisierte er in den vergangenen 26 Jahren nicht nur die Termine, prüfte vorab die Örtlichkeiten und meldete das Schießen bei Ordnungsamt und Polizei an, sondern gab auch die Kommandos: „Laden“, „Verdämmen“, „Zündhütchen setzen“, „Böller hoch“, „Legt an“, „Feuer“ – so ist die Reihenfolge. Einen Waffenschein brauchen die Böllerschützen nicht. Allerdings müssen sie einen sprengtechnischen Lehrgang absolviert haben. Das Pulver wird von vorne in die Böller gefüllt, die anschließend mit Korken „verdämmt“ werden. Ein Geschoss gibt es nicht. Für die Zündung sorgt ein Hütchen, das vor dem Hahn platziert wird. Schläge mit dem Holzhammer verdichten das Pulver. Dieses Mechanische ist es, was für Günter Mang einen Reiz des Hobbys ausmacht. „Es ist Handarbeit, und es gibt kleine Unwägbarkeiten.“ Säßen die Handgriffe nicht richtig, klappe die Zündung nicht. Einen Unfall hat es bei den Otterstadtern glücklicherweise noch nicht gegeben. Ihre nächsten Einsätze hatten die Böllerschützen in ihrem ersten Jahr beim Karpfenfest und beim Schulfest. Viele weitere Termine folgten: So war die Gruppe drei Mal bei Umzügen zu Rheinland-Pfalz-Tagen dabei. „Im Jahr 2000 haben wir dabei Ministerpräsident Kurt Beck in Mainz eine Flasche Stickelspitzer-Sekt überreicht“, erinnert sich Mang. Auch an Umzügen bei Deutschen Schützentagen hätten die Böllerschützen vier Mal teilgenommen. 2017 richteten die Otterstadter das Pfälzisch-Saarländische Böllertreffen mit mehr als 100 Teilnehmern aus, berichtet Mang von einem weiteren Höhepunkt. Hochzeiten, Geburtstage oder auch Beerdigungen von Schützenbrüdern sind weitere Gelegenheiten, bei denen die Böllerschützen im Einsatz sind. „Wir schießen bei Freud und bei Leid“, sagt Mang. Seinen ersten Handböller besitzt der 68-Jährige immer noch. Mittlerweile sind weitere Exemplare – mit aufwendigen Schnitzereien und mit Läufen aus Edelstahl – hinzugekommen. Außerdem nennt Mang einen sogenannten Schaftböller mit geschnitztem Otterstadter Ortswappen sein eigen. Bei ihren Einsätzen schießen die mittlerweile zwölf Männer und drei Frauen – darunter auch Günter Mangs Ehefrau Ursula– ihre Böller mal nacheinander, mal gleichzeitig ab. Eine weitere Variante ist beispielsweise das Echo-Schießen, bei dem jeweils zwei Schützen kurz nacheinander feuern. Zu Mangs Aufgaben gehörte auch dafür zu sorgen, dass Sicherheitsvorschriften nicht verletzt werden. „Ich habe immer peinlich darauf geachtet, dass die Abstände eingehalten werden“, sagt er. Denn aus den Böllern könne unter Umständen eine bis zu drei Meter lange Stichflamme austreten. Die Entscheidung, seine Aufgabe als Kommandant nach 26 Jahren abzugeben, traf Mang aus gesundheitlichen Gründen. Da er auch als Pistolen- und Gewehrschütze aktiv ist und zudem das Amt des Kreisoberschützenmeisters inne hat, fühlte sich Mang zuletzt „im Schießstress“. Künftig will er sich häufiger mal eine Auszeit gönnen. Einen Nachfolger gibt es noch nicht. Dieser soll im März bei der Jahreshauptversammlung gefunden werden. Als „normaler“ Böllerschütze will Mang weitermachen. Für das Jahr 2019 stehen schon wieder rund zehn Termine fest, unter anderem bei der Eröffnung des Karpfenfests Anfang Juli.

Ein Bild aus den Anfangstagen: Günter Mang (zweiter von links) und seine Schützen-Kameraden.
Ein Bild aus den Anfangstagen: Günter Mang (zweiter von links) und seine Schützen-Kameraden.
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