Rheinpfalz Diagnostik am lebenden Patienten

Im Zuschnitt wird noch per Hand protokolliert: Chefarzt der Pathologie, Uwe Ramp, schaut Radeia Mussa und der Medizinisch-Techni
Im Zuschnitt wird noch per Hand protokolliert: Chefarzt der Pathologie, Uwe Ramp, schaut Radeia Mussa und der Medizinisch-Technischen Assistentin, Sofia Correia-Marquez, bei der Aufbereitung der Gewebeprobe zu.

Montagmittag, 13.02 Uhr. Durch die Flure im Westpfalz-Klinikum in Kaiserslautern geht es in einen der hinteren Winkel des Gebäudes. Dort hat das Institut für Pathologie seinen Sitz. Vieles ist hier ganz anders, als die meisten Menschen vermutlich denken.

Wer den Flur hinter den verschlossenen Türen betritt, findet sich nicht etwa in einem großen Kühlhaus wieder, in dem Leichen obduziert werden. Stattdessen sitzt Professor Uwe Ramp in seinem Büro am Mikroskop, eine Mappe mit vielen verschiedenen Objektträgern vor sich ausgebreitet. Dazu die unterschiedlichen Patientendatenblätter. Er schiebt eines der aufbereiteten Präparate auf dem Objekttisch zurecht. Mit prüfenden Blicken betrachtet er die feinsten Strukturen, schaut, ob sich Zellen finden, „die dort gar nicht hingehören“, so wie es bei Tumoren der Fall sei. „Hier ist es eine recht normale Darmschleimhaut“, erklärt der Pathologe nach einem genauen Blick auf das rosa eingefärbte Gewebe unter dem Mikroskop. Doch demselben Patienten wurden neben Proben aus dem Dünndarm auch weitere aus dem Magen und der Speiseröhre entnommen, um zu prüfen, woran er leidet. „Alle Gewebsproben, egal ob klein oder groß, landen bei uns in der Pathologie“, sagt Ramp. Dabei sind die insgesamt sechs Ärzte, vier Fach- und zwei Assistenzärzte, in die Diagnostik aller anderen Abteilungen eingebunden. Komme ein Patient beispielsweise mit Bauchschmerzen, so könne eine Vielzahl unterschiedlicher Krankheiten die Ursache sein. „Wir schauen dann aufgrund der Proben, ob es eine Entzündung ist, ein Tumor und auch welche Art von Tumor, oder etwas anderes.“ Außerdem schaue seine Abteilung beispielsweise bei Tumoren auch auf die Größe, die Beschaffenheit, die Metastasenbildung in Lymphknoten – oder ob der Tumor vollständig entfernt werden konnte. „Damit können wir auch Antwort auf die Frage geben, wie die Prognose ist.“ 150 bis 200 Proben werden täglich so analysiert. Die Pathologie bekomme Proben „von Kopf bis Fuß“. Ein Stockwerk unter den Büros von Ramp und seinen Kollegen arbeiten im Labortrakt der Pathologie Radeia Mussa und Sofia Correia-Marquez am „Zuschnitt der Proben“. Aus einem kleinen Plastikgefäß entnimmt Correia-Marquez einen Nebenhoden, Mussa legt ihn auf seiner Arbeitsunterlage bereit, schneidet ihn längs durch. Dabei achtet der Arzt bereits auf die Struktur, macht Angaben zur Größe und Form und schaut, ob bestimmte Veränderungen direkt auffallen, ehe er kleinere Stücke abschneidet, die in eine kleine Box verpackt im Nachbarraum landen. Steril muss beim Zuschnitt nicht gearbeitet werden. Neben den beiden Zuschnittplätzen gibt es einen Schnellschnittplatz: Wenn ein Chirurg bei einer OP nicht sicher sei, ob er beispielsweise einen Tumor bereits vollständig erwischt habe, könne er eine Gewebeprobe mit dem Hol- und Bringdienst schicken. Diese werde schockgefrostet und fein aufgeschnitten. Innerhalb von etwa 20 Minuten liege in solchen Fällen ein Ergebnis vor, das dem Operateur beim weiteren Vorgehen helfe. 2018 seien etwa 1100 Schnellschnitte gemacht worden, so Ramp. Im Nachbarraum stehen Apparaturen, die dem Gewebe das Wasser vollständig entziehen. Im Anschluss wird es mit Alkohol aufgefüllt. „Dann ist es für ewig haltbar“, erklärt Ramp. Nachdem die Proben mit einer Art Wachs überzogen wurden, kümmern sich mehrere MTAs schließlich darum, hauchdünne Scheiben davon abzuschneiden, die dann auf einen Objektträger gezogen werden. Zwischen 600 und 800 einzelne Blöcke werden so täglich aufgeschnitten. Der Zuschnitt beginne täglich um 8 Uhr mit seiner Arbeit, bis mindestens 16 Uhr werden unterschiedliche Gewebeproben aufbereitet. „Das geschieht meist am gleichen Tag wie die Entnahme. Bei großen Proben müssen sie über Nacht in Formalin eingelegt werden“, erklärt Ramp. Von Seziertischen ist noch immer weit und breit nichts zu sehen. „Wir hatten im vergangenen Jahr 39 Sektionen, 40.000 andere Untersuchungen“, sagt der Leiter des Instituts für Pathologie. „Es ist also nicht so, wie sich die Leute einen Pathologen vorstellen.“ In ihrer Abteilung gehe es viel stärker um die Diagnostik am „lebenden Patienten“. Nur wenn die Todesursache völlig unklar sei, die Person aber eines natürlichen Todes gestorben sei, werde – mit Zustimmung der Angehörigen – obduziert. Um 14.06 Uhr warten die nächsten Proben auf Professor Ramp. Aus der „Endarbeit“ am Mikroskop besteht der Großteil seines Arbeitstages.

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