Kultur TV-Star Jan Fedder gestorben: Hamburger Raubein mit Charme

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Der Schauspieler Jan Fedder bei Dreharbeiten zu »Der Hafenpastor«. Er starb im Alter von 64 Jahren in Hamburg.

Er habe „dieses Hauptdarsteller-Gen“, sagte ein Drehbuchautor mal über Jan Fedder. „Wenn er in einer Szene drin ist, ist es eine Fedder-Szene.“ Ob im TV-Dauerbrenner „Großstadtrevier“ oder in der großen Lenz-Romanverfilmung: Fedder blieb bei allem unverwechselbar.

Große Klappe, großes Herz - so haben die Zuschauer Jan Fedder geliebt. Als „Großstadtrevier“-Polizist Dirk Matthies sorgte er über Jahrzehnte in der ARD-Dauerserie für Recht und Ordnung auf St. Pauli. Kiez und Kodderschnauze - zu Fedder gehörte beides. Sowohl zur Rolle seines Lebens im Fernsehen wie auch im wahren Leben. Dort am Hafen, zwischen Schiffen und Seemännern, Reeperbahn und Rotlichtmilieu, war er aufgewachsen. Ein waschechter Hamburger Jung, der weit über seine Heimat hinaus zum Publikumsliebling wurde. Am Montag teilte die Polizei mit, dass der „Hamburger Ehrenkommissar“ gestorben ist. Jan Fedder wurde 64 Jahre alt.

Kerl mit Kanten

Fedder war ein Kerl mit Kanten und auf Konventionen pfeifend, ein Raubein mit Charme. Vor allem einer, der sich nicht verbiegen ließ und sagte, was er dachte. Als er 2006 nach vielen Jahren im Einsatz als TV-Polizist seinen ersten und einzigen Deutschen Fernsehpreis bekam, erhielt er den nicht etwa als Serienstar, sondern für die Hauptrolle in „Der Mann im Strom“. Einen arbeitslosen Taucher im Hamburger Hafen, der für einen Job seine Papiere fälscht, hatte er darin verkörpert. Fedders Kommentar bei der Preisverleihung auf der Bühne: „Und die Moral von der Geschicht': Mach einfach vier Wochen mal ein anderes Gesicht. Und dann, Alter, das ist kein Scheiß, kriegst du dafür den Deutschen Fernsehpreis.“ In vier Verfilmungen von Siegfried-Lenz-Werken übernahm Fedder die Hauptrolle. In den 50er Jahren war Lenz (1926-2014) nach Hamburg gezogen - jene Zeit, in der der kleine Jan am Hafen aufwuchs. „Ich bin nicht nur echter Hamburger, ich bin echter St. Paulianer - das ist 'ne ganz besonders edle Rasse“, hat Fedder seinen Kiez-Bullen Matthies, den er seit 1992 in Deutschlands bekanntestem TV-Polizeirevier spielte, mal erklären lassen. Die Verkörperung norddeutscher Charaktere - mal mehr, mal weniger Plattdeutsch schnackend - war sein Markenzeichen. „Volksschauspieler - mit Fug und Recht“, nannte er sich selbst.

Fedder blieb in der Heimat

Erst waren es kleine TV-Rollen, bis er 1981 fürs Kino in ein U-Boot stieg und zu Maat Pilgrim wurde: in Wolfgang Petersens Kinoerfolg „Das Boot“. Viele aus jener legendären Leinwand-Crew machten danach Karriere, allen voran Jürgen Prochnow. Fedder aber blieb in der Heimat und drehte oft dort, wo „son büschen“ Hamburger Slang gefragt war. In Hunderten Film- und Fernsehproduktionen wirkte er mit. Nicht nur sein Part im „Großstadtrevier“ und als ebenfalls auf St. Pauli beheimateter „Hafenpastor“ waren Paraderollen für ihn, auch die des bräsigen Bauern Brakelmann in der NDR-Serie „Neues aus Büttenwarder“. Angesiedelt ist das fiktive Dorf Büttenwarder in Schleswig-Holstein, wo Fedder im Kreis Steinburg auch einen Bauernhof bewohnte. Für Peter Heinrich Brix, Kollege und „Büttenwarder“-Bauernkumpel „Adsche“, war Fedder ein „Gesamtkunstwerk“. „Ich denke, man sollte ihn so nehmen wie er ist - und das ist 'ne ganze Menge“, hatte Brix über ihn gesagt. Produzent Markus Trebitsch nannte ihn mal „die größte Symbiose aus einer ziemlich großen Klappe und einem großen Herzen“. Und Drehbuchautor Norbert Eberlein betonte, Fedder habe „dieses Hauptdarsteller-Gen“. „Wenn er in einer Szene drin ist, ist es eine Fedder-Szene.“

Krebstherapie im Jahr 2012

Gleich mehrfach wurde Fedder von der Polizei zum Ehrenkommissar ernannt. Auf der Reeperbahn steht er als Wachsfigur im „Panoptikum“, St. Pauli blieb auch immer sein Zuhause. Selbst in seiner Ehe mit Marion - das Paar heiratete 2000 im Michel - blieben getrennte Wohnungen wichtig. Seine Sammelwut mit allen möglichen alten Objekten konnte er auf dem Bauernhof ausleben. Zurückgezogen vom Filmset hatte sich der Schauspieler, der mit seiner knarzigen Stimme auch als Sänger auftrat, nur für Zwangspausen aus gesundheitlichen Gründen, erstmals 2012 wegen einer Krebstherapie. Immer wieder machte ihm seitdem seine Gesundheit zu schaffen, doch Fedder gab nicht auf.

"Ich habe eine wundervolle Frau"

Den Glauben an Gott habe er nicht verloren, aber seine Krankheiten hätten ihn daran zweifeln lassen, sagte er im Interview der Deutschen Presse-Agentur im Herbst 2016. „Das habe ich eigentlich nicht verdient. Ich bin ein grundehrlicher Mensch. Ich lüge nicht, ich habe noch nie jemanden beschissen, gar nix.“ Nur beim Thema Krankheiten habe er gelegentlich geschummelt. „So ziemlich alles mach ich - leider - mit mir selbst aus“, erzählte er auch. „Viele Freunde habe ich nicht, nicht mehr so wie früher. Aber ich habe einen besten Freund und eine wundervolle Frau - die beiden helfen mir, sind immer für mich da.“ Sich selbst nannte Fedder später oft ein „altes Zirkuspferd“. „Ich kann zwar nicht mehr so hoch springen, aber im Kreis laufen kann ich immer noch“, sagte er, als er trotz Krankheit wieder drehen konnte. Doch als im Herbst 2017 die 31. „Großstadtrevier“-Staffel anlief, war klar, dass das Aushängeschild Fedder nicht mehr in jeder Episode zu sehen ist. „Jetzt wünsche ich mir nur noch eine Tüte Gesundheit“, hatte er ein Jahr zuvor noch im Interview gesagt und auf Besserung gehofft. „Auch wenn mir jemand die Treppe hochhelfen muss, eines Tages wird es bestimmt wieder besser“, sagte er. „Nur wenn ich nicht mehr drehen darf, dann falle ich tot um. Dann ist es vorbei.“

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