Kultur Neue "Drangsal"-CD: Im eigenen Rhythmus gehen

Mann der Kontraste: Max Gruber ist ein freundlicher Pfälzer – hier steigt er seiner Wahlheimat Berlin aufs Dach. Auf Pressebilde
Max Gruber ist ein freundlicher Pfälzer – hier steigt er seiner Wahlheimat Berlin aufs Dach.

„Zores“ ist das zweite Album des aus Herxheim stammenden Musikers Max Gruber

Er ist auf dem Titel des Popkulturmagazins „Spex“, auch der „Musikexpress“ und „Intro“ widmen ihm große Geschichten: Max Gruber aus dem südpfälzischen Herxheim ist mit seinem Projekt Drangsal endgültig auf dem Weg zum deutschen Indiepopstar. Morgen erscheint sein zweites Album „Zores“, das sonniger klingt als sein Debüt „Harieschaim“ – auch da der 24-Jährige vorwiegend deutsch singt und dabei nicht vor elegisch-kitschigen Momenten zurückschreckt. „Schaut mich an, ich werde älter. Schaut mich an, ich bin allein. Nicht mehr lang“, hebt Max Gruber im Prolog „Eine Geschichte“ ganz zart, mit ungeschützt hoher Stimme an, fast a cappella: Hier versteckt sich niemand, auch wenn es noch um einen Traum und Blicke von jenseits vom Zaun geht. „Keine Sorgen, keine Angst vor Morgen“, heißt es im Refrain. Und: „Keine Gespenster, Sitzplatz am Fenster.“ Max Gruber traut sich was. Hat Mut zu großen Gefühlen. Und da ihm nichts peinlich ist, schafft er es auch, das Schlagerhafte so geschickt in seiner Musik zu umarmen, dass der Drangsal-Sound dennoch im Herzen Indiepop bleibt.

Ironie braucht er nicht

Mit der Vorabsingle „Turmbau zu Babel“ hat er die Fans schon einmal mit Wucht auf den neuen Klang vorbereitet: Fröhlich wie Farin Urlaub zu „Westerland“-Zeiten klingt der Herxheimer da. Die Frühphase der Ärzte kannte er jedoch gar nicht, wie er sagt, und war erst einmal irritiert von dem Vergleich. Mittlerweile ist er gelassener und sieht die Verweise durchaus als Kompliment, wobei sein eigener Humor doch etwas schärfer ist. Ironie braucht er nicht. Max Grubers große Melodien und Mitwippmomente, samt der klugen Wortspielereien und Beobachtungen, sind ernst gemeint. Wozu mehr Courage gehört, als sich distanziert über den Gang der Welt zu amüsieren. Aber schließlich geht es auf „Zores“ vor allem um Liebe, auch wenn der Titel Aggressiveres suggeriert. Wie bei seinem Debüt – einer Verbeugung vor seinem Heimatort Herxheim, der in alten Schreibungen „Harieschaim“ hieß, – huldigt auch das zweite Album seinem Zuhause. „Zores“ kommt zwar aus dem Jiddischen, ist aber in der Pfalz ein geläufiger Begriff, der vor allem „Ärger“ verspricht. Passend dazu zeigt das Cover einen Mann mit angelegter Waffe, davor die Tochter, daneben die Frau mit kleinem Sohn auf dem Arm, alle drei schauen eher unglücklich: ein Kindheitsbild der Familie Gruber, das reichlich martialisch wirkt – und damit einen spannenden Kontrast zu Max Grubers Musik bildet, die selbst in raueren Momenten stets den Wunsch nach Harmonie spüren lässt.

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Auf Pressebildern als Drangsal gibt er sich aber doch lieber düster.
Das Cover von „Zores“ zeigt ein leicht verstörendes Familienfoto aus Max’ Kindertagen.
Das Cover von »Zores« zeigt ein leicht verstörendes Familienfoto aus Max’ Kindertagen.
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