Kultur Kulturpolitisches Beben am Bodensee

Scheut nicht die Auseinandersetzung: Intendant Christoph Nix während einer Demonstration vor dem Stadttheater in Konstanz im Jah
Scheut nicht die Auseinandersetzung: Intendant Christoph Nix während einer Demonstration vor dem Stadttheater in Konstanz im Jahr 2014, als es Proteste gegen die Aufführung des Stücks »Das Märchen vom letzten Gedanken« über den Völkermord an den Armeniern gab.

Sturmwellen am Bodensee: Weil es nicht möglich sei, im kommenden Jahr zwei große Veranstaltungen – das auf dem Bodensee kreuzende „Theaterschiff“ und die Baden-Württembergischen Theatertage – zugleich zu organisieren, hat der Konstanzer Theaterintendant Christoph Nix kurzerhand Letztere abgesagt. Die bereits abgelehnte Vertragsverlängerung seines Intendantenvertrages über 2020 hinaus, sei notwendig, um beide Projekte zu stemmen. Morgen soll sich der Gemeinderat erneut mit der Sache beschäftigen.

Das Theater Konstanz zählt zu den kleinsten Bühnen der Republik und wird seit nahezu zwölf Jahren von einem Intendanten geleitet, der so energisch unterwegs ist, dass man ihm den Chefposten von drei Theatern der Konstanzer Größenordnung zutrauen würde. Christoph Nix ist promovierter Jurist und Theaterwissenschaftler, er schreibt Romane und hat es in den letzten Jahren geschafft, überregional auf sein Theater aufmerksam zu machen. Nix setzt unter anderem auf Koproduktionen mit afrikanischen Theatern. Vor nicht allzu langer Zeit hat er dann auch noch den Broadway-Autor Neil La Bute nach Konstanz gelockt, auf dass der dort Tschechows „Onkel Wanja“ inszeniere. Dass so ein Kreativbündel wie Nix in eine Situation geraten könnte, in der er auf die Grenzen des Machbaren hinweist, scheint kaum vorstellbar, ist aber doch geschehen. Anfang Februar sagte Nix die bereits zugesagte Ausrichtung der Baden-Württembergischen Theatertage für 2019 wieder ab. In der Begründung heißt es, das Theater sei durch ein bereits geplantes Großprojekt wie dem im Dreiländereck auf dem Bodensee kreuzenden „Theaterschiff“ bereits derart ausgelastet, dass man die Landestheatertage nicht auch noch ausrichten könne. Möglich sei so eine Doppelbelastung nur dann, wenn der im Sommer 2020 endende Vertrag von Christoph Nix um ein Jahr verlängert würde. Die Vertragsverlängerung war von Seiten des Theaters ins Spiel gebracht worden, der Konstanzer Gemeinderat lehnte das am 18. Januar aber ab. Als Nix daraufhin die Landestheatertage absagte, löste das ein mittleres kulturpolitisches Beben aus. Es sah so aus, als hätte Nix den Konstanzer Kulturbürgermeister Andreas Osner (SPD) kompromittiert. Schließlich hatte der dem Baden-Württembergischen Landesverband des Deutschen Bühnenvereins eine Ausrichtung der Theatertage bereits zugesagt. Diese Zusage aber, so Christoph Nix im Gespräch, sei an ihm vorbei erfolgt. Er habe immer darauf hingewiesen, dass so eine Großveranstaltung nur im Rahmen einer einjährigen Vertragsverlängerung machbar sei. „Die Baden-Württembergischen Theatertage können nur im April oder Mai 2019 stattfinden, das allerdings ist genau der Zeitraum, in dem wir das Schiff für das Dreiländerfestival ,Theaterschiff’ mieten könnten. Das Theater Konstanz hätte zwei Großveranstaltungen zur selben Zeit stemmen müssen.“ Und das, so Nix, könne kein Theater leisten. Der nächstmögliche Zeitpunkt für eine Schiffsmiete wäre der September 2020, das sei allerdings schon die Spielzeit, in der er nicht mehr Intendant ist. Genau deshalb sei eine Vertragsverlängerung so wichtig. Klingt nachvollziehbar. Hört man Christoph Nix etwas länger zu, wird allerdings auch klar, dass ein derart von sich überzeugter Kulturprofi in einer Stadt wie Konstanz unter Umständen nicht nur Freunde hat. Das gilt vor allem, wenn er auf einen Kulturpolitiker wie Andreas Osner trifft, der noch nicht so lange im Amt ist. Fragt man im Konstanzer Dezernat II nach, kann man nicht direkt mit dem Kulturbürgermeister sprechen. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es, die Bewerbung um die Baden-Württembergischen Theatertage sei „im Kulturausschuss am 21. 11. 2017 unter dem Vorsitz von Bürgermeister Dr. Osner“ beraten und befürwortet worden. Der Gemeinderat habe den Empfehlungsbeschluss einstimmig bestätigt. Zur Frage einer möglichen Verlängerung des Vertrags von Christoph Nix äußert sich Kulturbürgermeister Osner nicht. Inzwischen habe allerdings eine Aussprache zwischen Christoph Nix, den Mitgliedern des Kulturausschusses sowie Bürgermeister Osner stattgefunden. Es herrsche Einigkeit, „dass man gemeinsam einen Weg finden möchte, beide Projekte stattfinden zu lassen.“ Mittlerweile geht auch der Intendant von einer gütlichen Einigung aus. Die Entscheidung fällt morgen in einer Gemeinderatssitzung. Zu der Frage, wie es weitergehen könnte, erhält man derzeit keine Auskunft. Es bedarf allerdings keiner seherischen Fähigkeiten, wenn man davon ausgeht, dass Christoph Nix eine zeitlich befristete Vertragsverlängerung zugestanden wird und die Baden-Württembergischen Theatertage am Ende doch in Konstanz stattfinden.

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