Kultur Im Schubert-Rausch

Ein fulminantes Debüt am Pult der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz gab der junge iranische Dirigent Hossein Pishkar am Freitag im Ludwigshafener Pfalzbau. Vor allem sein Dirigat von Franz Schuberts „Großer-C-Dur“-Sinfonie war ein Erlebnis. Zuvor feierte das Publikum den Pianisten Frank Dupree in Robert Schumanns Klavierkonzert.

„Wenn ich Schubert dirigiere, dann ist das eine politische Tat“, hatte Hossein Pishkar im RHEINPFALZ-Interview vor dem Konzert bekräftigt. Und damit vielleicht auch darauf abgezielt, dass es mehr als Routine ist, wenn ein iranischer Dirigent ein deutsches Sinfonieorchester leitet, weil es eben ein Beweis dafür ist, dass die Abschottung des Regimes gegenüber der westlichen Kultur nicht vollständig ist. Musik überwindet Grenzen, lässt sich nicht aufhalten. Schuberts Musik schon gleich gar nicht. Der Überraschungs-Coup gelingt bereits vor dem ersten Ton, mit der Orchesteraufstellung. Ganz vorne sitzen die Streicher – eben nicht. Sondern das Holz. Da hat jemand genau erkannt, welche immense Bedeutung vor allem Klarinette und Oboe, aber auch Fagott und Flöte für Schuberts Sinfonik haben. Das gesangliche, wenn man so will vom Lied geprägte, Element in Schuberts Sinfonien findet sich hier in Reinkultur. Und spätestens im zweiten, vom Holz dominierten Satz fragt man sich, warum man das so noch nie erlebt hat. Aber letztlich ist das nur eine Äußerlichkeit. Das packende, aufregende an dieser Schubert-Interpretation ist die unfassbare Spannung, welche die Musiker der Staatsphilharmonie unter Pishkars Dirigat während der ganzen Sinfonie hochhalten. Die Energie dieser Musik, sie ist gleichsam körperlich spürbar, und sie verweist auf das große Vorbild, unter dessen Größe Schubert meinte zerbrechen zu müssen: Beethoven. Alles steuert auf das grandiose, in extrem zügigen Tempo genommene Finale zu, in dem sich all diese Energie wie im Rausch entlädt. Zum Triumph. Für Schubert, nicht über, sondern eben nach Beethoven. Zum Triumph aber auch für Pishkar. Eröffnet worden war der Abend mit Felix Mendelssohn-Bartholdys Ouvertüre „Meeresstille und glückliche Fahrt“, gefolgt von Robert Schumanns a-Moll-Klavierkonzert. Hier stellte der ehemalige Artist in Residence der Deutschen Staatsphilharmonie, Frank Dupree, sein pianistisches Können, vor allem seine enormen spieltechnischen Fähigkeiten unter Beweis. Noch mehr aber zeigte er sich als Mannschaftsspieler, der auch bereit ist, sich ein-, mitunter sogar unterzuordnen. Das ist durchaus im Sinne Schumanns, der in Orchester und Klavier gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe sah. Es führt aber auch dazu, dass der ganz große Virtuosenglanz vermisst werden konnte. Konsequent verzichtete Dupree auch auf den alleinigen Zugaben-Triumph und präsentierte mit dem Soloklarinettisten ein Fantasiestück Schumanns.

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