Kultur „Ich hasse diese schwarzen Ratten“

Ab kommenden Donnerstag in den Kinos: die Komödie „BlacKkKlansman“ von Spike Lee.
Ab kommenden Donnerstag in den Kinos: die Komödie »BlacKkKlansman« von Spike Lee.

Absurder geht es kaum: Ein Schwarzer wird Mitglied des Ku-Klux-Klans – und bringt die rassistische US-Organisation auch zu Fall. Zumindest im Colorado Springs der 1970er Jahre, dem Schauplatz von „BlacKkKlansman“, dem neuen Film von Spike Lee. Eine Komödie, eine wahre Begebenheit und ein Kurzlehrgang in Sachen schwarzes US-Kino, der Brücken schlägt zu Trumps USA.

Das Kino ist schuld daran, dass der Ku-Klux-Klan, der US-Geheimbund, der gegen die Gleichberechtigung der Schwarzen und gegen Ausländer kämpft, wieder stark wurde: In D.W. Griffiths Stummfilm-Epos von 1915, das erst „The Clansman“ hieß und dann in „Die Geburt einer Nation“ umbenannt wurde, tauchen die mordenden Kapuzenmänner mehrfach auf. Zu Beginn zitiert Lee den Griffith-Film und auch „Vom Winde verweht“ (1939), wo Südstaatler nicht auf ihre Sklaven verzichten wollen. Danach herrschte kinomäßig weitgehend Ruhe bis in die 60er Jahre, als Schwarze begannen, Filme gegen ihre Diskriminierung zu drehen. Einer dieser Blaxploitation-Filme (afroamerikanische Billigfilme) hieß „The Black Klansman“ und erzählte, wie sich ein Afroamerikaner in den KKK einschmuggelte. Doch der Film ist nicht gut und die Geschichte erfunden. Seit seinem ersten Film, der Komödie „She’s Gotta Have It“ (1985), kämpft Spike Lee (61) gegen Rassismus. Über 80 Filme zu dem Thema hat er schon gedreht. „Do The Right Thing“ (1989) ist sein bekanntester – und BlacKkKlansman“ der mitreißendste seit seinem Debüt. Dabei war er gar nicht seine Idee: Jordan Peele (39), selbst Afroamerikaner und für sein Debüt, die Horrorkomödie „Get Out“, mit einem Drehbuch-Oscar geehrt, besaß die Rechte an der wahren Geschichte von Ron Stallworth, der 1978 undercover gegen den KKK ermittelte, fragte Lee als Regisseur an und produzierte nur. Vielleicht weil er (zu Recht) dachte: Lee ist radikaler. Lee macht keinen Hehl daraus, dass sich seit den 70ern nichts verändert hat – wenn er im Nachspann die Naziaufmärsche des KKK in Charlottesville vom August 2017 zeigt und Trump, der sie in seiner Rede nicht verteufelt. Lee entschloss sich jedoch zu einer Komödie. Ob sie die US-Amerikaner aufrüttelt – das will Lee mit jedem Film erreichen – sei dahingestellt. Auf jeden Fall ist es eine unverschämt gute, politisch korrekte Komödie, ein idealer Oscar-Kandidat. Zum Inhalt: Ron (John David Washington, der Sohn von Denzel) wird als erster Afroamerikaner bei der Polizei der Großstadt Colorado Springs eingestellt. Er soll die Black-Power-Demos beobachten und das Gewaltpotenzial beurteilen. Dabei verliebt er sich in eine Aktivistin, die Angela Davis nicht unähnlich sieht – und gerät in einen Konflikt, denn er kann ihr nicht sagen, dass er Polizist ist. Als der KKK in einer Zeitungsanzeige offen um Mitglieder wirbt, kommt Ron die Idee, sich zu melden und den Geheimbund auffliegen zu lassen. „Ich hasse diese schwarze Ratten“, sagt er am Telefon zu dem KKK-Chef, der dank Rons sprachlichem Talent (er kann nicht nur Schwarzen-Slang) keinen Verdacht schöpft. Natürlich kann Ron nicht zum Treffen gehen: Das übernimmt sein weißer Kollege Flip (Adam Driver, herrlich stoisch wie immer), obwohl er dort als (nicht praktizierender) Jude auch gefährdet ist und prompt das Misstrauen eines KKK-Mann erregt. Satirische Seitenhiebe, eine mitunter geschickt verzögernde Handlung, um Spannung aufzubauen und immer wieder Dialoge und Situationskomik, die zum Brüllen komisch sind, machen den Reiz des Films aus. Seit über 20 Jahren hat Spike Lee nicht mehr so virtuos mit Klischees und der Reaktion darauf gespielt. Durch die überzeugende Ausstattung und die Musik der 1970er entsteht eine so lockere Atmosphäre wie seinerzeit in „Shaft“ (1971), den Lee natürlich auch zitiert. „BlacKkKlansman“ ist feinstes US-Blockbuster-Kino, doch Lee agiert mit der Holzhammer-Methode, um auf den Rassismus aufmerksam zu machen. So dass sich die Frage stellt: Wäre der Film nicht subtiler – und doch böser – geworden, wenn ihn Jordan Peele selbst inszeniert hätte?

x