Kultur Fünf Preise für die Liebe

Prämiert: Joanna Kulig mit Tomasz Kol im Siegerfilm „Cold War“.
Prämiert: Joanna Kulig mit Tomasz Kol im Siegerfilm »Cold War«.

Das polnische Drama „Cold War“ von Pawel Pawlikowski hat bei der Verleihung der 31. Europäischen Filmpreise in Sevilla fünf Trophäen gewonnen, darunter die Ehrung als bester Spielfilm. Prämiert wurde auch Hauptdarstellerin Joanna Kulig. Die mit ihr nominierte Marie Bäumer ging leer aus. Für Deutsche gab es lediglich zwei Preise in Nebenkategorien.

Marie Bäumer ließ sich die Enttäuschung nicht anmerken. Vielleicht ahnte die Schauspielerin, dass sie mit ihrer starken Leistung in „3 Tage in Quiberon“ nur Außenseiterchancen hatte. Die Verkäufe des Romy-Schneider-Films waren unter den Erwartungen des Weltvertriebs geblieben. Vor allem lief der Film aber zuerst auf der Berlinale und nicht in Cannes, dessen Filme seit Jahren bei den über 3000 Mitglieder der Europäischen Filmakademie (EFA) am beliebtesten sind. Sie ermitteln die Gewinner der Preise in einem mehrstufigen Verfahren. Zunächst benennen die 20 Länder mit den meisten Akademiemitgliedern je einen Titel aus ihrer Heimat. Die Italiener entschieden sich für „Dogman“, für den der überragende Marcello Fonte jetzt als bester Schauspieler geehrt wurde. Er setzte in der englischsprachigen Zeremonie einen wunderbaren Farbtupfer, als er sich in einem Redeschwall auf Italienisch bedankte. In einer zweiten Runde wählte eine Jury 29 weitere Titel aus, hier waren „Transit“, Christian Petzolds innovative Adaption von Anna Seghers’ Roman, und die Flüchtlingsparabel „Styx“ von Wolfgang Fischer in der Vorauswahl. Beide liefen in Berlin. Dazu kam überraschend Robert Schwentkes Weltkriegs-Drama „Der Hauptmann“, der seine Premiere in Saarbrücken hatte. Einen Europäischen Filmpreis gab es für diesen Film immerhin für die Sound-Effekte. „3 Tage in Quiberon“ wurde für die Musik ausgezeichnet. Doch bei der Suche nach den sechs besten Filmen wurden die deutschen Titel als für zu leicht befunden. Oder es war doch der falsche Uraufführungsort: Nominiert waren sechs Filme, die in Cannes ihre Weltpremieren feierten. Wie in den Vorjahren sahnte vor allem ein Film ab. Neben der Auszeichnung für den besten Film freute sich Pawel Pawlikowski für „Cold War“ über die Ehrung als bester Regisseur und Drehbuchautor. Auch der Schnitt wurde prämiert. Diese Entscheidung wurde vor Ort gleich heftig diskutiert, zumal die Dominanz eines einzigen Preisträgerfilms scheinbar zur Regel wird. Auch Pawlikowskis „Ida“, Maren Ades „Toni Erdmann“ und 2017 Ruben Östlands „The Square“ gewannen jeweils mehrere Preise. Dieses Phänomen schleicht sich offensichtlich bei allen Preisen ein, die von Akademien vergeben werden – egal ob Oscar, Lola oder Felix, wie der Europäische Filmpreis einst getauft wurde. Es bleibt stets der Eindruck, dass exzellente Leistungen in anderen Filmen übersehen werden. Bedauert wurde in Sevilla, dass der innovative schwedische Liebesthriller „Gräns/Borders“, der bei uns erst im April ins Kino kommt, leer ausging. Während Pawlikowski die Geschichte der zerrissenen Liebe seiner Eltern erzählt, berührt „Gräns“ mit einer fantasiereichen Handlung Grundfragen des 21. Jahrhunderts wie den Umgang mit Fremden und Integration. Die Dominanz der Filme aus Cannes wurde wenigstens einmal durchbrochen: „The Death of Stalin“ des Briten Armando Iannucci, in Toronto uraufgeführt, wurde beste Komödie. Der Regisseur begeisterte in Sevilla mit einer flammenden Lobeshymne auf Europa, Sein mit französischem Geld finanzierter Film wurde in Belgien, der Ukraine und Russland gedreht, wo er aber verboten wurde. Weitere politische Akzente setzte die EFA mit dem Gedenken an die in Russland verfolgten Regisseure Oleg Sentsow, der zu 20 Jahren Haft verurteilt ist, und Kirill Serebrennikov, der bis September 2019 unter Hausarrest steht.

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