Kultur Die glorreichen Acht

Die Meisterdiebinnen (von links): Anführerin Debbie Ocean (Sandra Bullock), Betrügerin Lou (Cate Blanchett), Juwelierin Amita (M
Die Meisterdiebinnen (von links): Anführerin Debbie Ocean (Sandra Bullock), Betrügerin Lou (Cate Blanchett), Juwelierin Amita (Mindy Kaling), Hehlerin Tammy (Sarah Paulson), Trickdiebin Constance (Awkwafina), Schauspielerin Daphne (Anne Hathaway), Hackerin Nine Ball (Rihanna) und Modedesignerin Rose (Helena Bonham Carter).

Acht coole Frauen in einem Actionfilm, darunter Sandra Bullock, Cate Blanchett, Anne Hathaway und Rihanna: Der vierte Superdieb-Streifen über die „Ocean“-Bande ist der bislang lässigste (indirekte) Beitrag zur MeToo-Debatte. Und der bisherige Strippenzieher – George Clooney als Danny Ocean – wird überhaupt nicht vermisst in dieser so unterhaltsamen wie cleveren Rache-Geschichte um einen Juwelenraub in einem Juwelenraub.

„Ein Er fällt auf, eine Sie wird ignoriert“, erklärt Danny Oceans Schwester Debbie (Sandra Bullock) – das neue Superhirn der Familie der Meisterdiebe –, warum sie keinen Mann für ihren exakt ausgeheckten Plan eines Mega-Raubzugs engagieren möchte. Gesprächspartnerin: ihre alte Freundin und Mitstreiterin Lou (Cate Blanchett), die inzwischen in New York ein (halb-)legales Leben als Nachtclubbesitzerin führt, während Debbie Ocean gerade frisch aus dem Gefängnis entlassen wurde. „Ich möchte jetzt ein ganz einfaches, ruhiges Leben führen, einen normalen Job finden und neue Freunde“, hat sie sich die Freilassung auf Bewährung zu Filmbeginn erschwindelt – mit traurigem Augenaufschlag, Verzweiflung in der fast brechenden Stimme und erschöpftem Blick. Schon in der nächsten Einstellung aber sieht man sie im sexy Abendkleid in einem Edelkaufhaus bei einem gewitzten Make-Up- und Parfum-Diebstahl, gefolgt von einer nicht minder cleveren Masche, sich in ein Luxushotel einzuschmuggeln: Die ersten Szenen von „Oceans’s 8“ erinnern auch daran, dass Sandra Bullock ganz klar mehr kann als die engagiert kämpfende Mutterfigur zu verkörpern, die sie zuletzt oft geben musste, etwa in „The Blind Side“: Der mittlerweile 53-Jährigen steht der noch lässigere, noch coolere Gegenentwurf zu George Clooneys Danny Ocean einfach bestens.

Für den Coup heuern Lou und Debbie Spezialistinnen an

Und die in Nürnberg aufgewachsene Tochter einer deutschen Opernsängerin kann in der Rolle als Schwester des (offenbar mittlerweile verstorbenen) Supergangsters auch noch als komisches Entspannungsmoment ihre Deutschkenntnisse auspacken: Denn bei dem von ihr geplanten Raubüberfall sorgt ihre Mastermind-Figur – auch mal gegenüber Heidi Klum – mit empörten Ausrufen und Beschwerden auf Deutsch für die notwendige Zerstreuung, um ihren Coup durchzuziehen. Fünf Jahre hat diese Debbie offenbar im Gefängnis gesessen – vermutlich sogar unschuldig – und einen großangelegten Juwelendiebstahl geplant. Ihr Ziel: ein eleganter Ball am New Yorker Metropolitan Museum of Art, genannt Met Gala. Eine Kollektion kostbarerer Schmuckstücke wird im Museum gerade präsentiert. Das wertvollste Stück aber zaubern Debbie und Lou an die scheinbar nichtsahnende Ballkönigin: die ganz auf Äußerlichkeiten bedachte Schauspielerin Daphne Kluger (Anne Hathaway) soll dahingehend manipuliert werden, ein Cartier-Diamantcollier im Wert von 150 Millionen US-Dollar zur Gala zu tragen. Debbie möchte es im Verlauf des Abends durch eine Kopie ersetzen lassen und unbemerkt aus dem Museum schmuggeln. Dazu heuert sie mit Lou eine Reihe von Spezialistinnen an: die Trickdiebin Constance (Awkwafina, bürgerlich Nora Lum), die Hehlerin Tammy (Sarah Paulson), die Juwelierin Amita (Komikerin Mindy Kaling), die verschuldete Modedesignerin Rose (Helena Bonham Carter) und Hackerin Nine Ball (Rihanna).

Verbissen wirkt der Film nicht

„Ocean’s 8“ ist ganz auf der Höhe der Zeit inszeniert: noch cleverer, nonchalanter und spannender als die Vorgängerfilme von Steven Soderbergh. Dessen Weggefährte Gary Ross hatte die Idee zum neuen Film, lange bevor die MeToo-Debatte ein Schlaglicht darauf geworfen hat, dass Frauen in Hollywood doch bisweilen entwürdigend behandelt werden und Schauspielerinnen weniger interessante Rollen bekommen als Schauspieler. Für den weiblichen Blick hat Ross denn auch die Drehbuchautorin Amanda Milch angeheuert, auch Produktion, Kostüme und Schnitt sind in Frauenhand. Verbissen oder bemüht aber wirkt der Film nicht, sondern ganz unverkrampft. Und so ist auch das US-Publikum – anders als bei der rein weiblichen Version der „Ghostbusters“ – durchaus angetan vom Ergebnis. „Ocean’s 8“ macht einfach großen Spaß, auch die kleinen Insidergags sitzen, angefangen beim Titel, der auch an François Ozons Komödie „8 Frauen“ denken lässt: So kann Anne Hathaway ihr Prinzesschen-Image dekonstruieren (wie der Name ihrer Figur suggeriert, ist diese Daphne Kluger doch klüger als viele es von ihr erwarten), und Helena Bonham Carter muss einen Seitenhieb auf ihren Hang zu wunderlichem Overacting wegstecken.

Nur zwei Männerrollen

Gegen ihr Image als Stimme aus der Popwelt spielt auch Rihanna überaus erfolgreich an: Die hartgesottene Hackerin in Dreadlocks und Arbeiteroverall, die mit ihrer kleinen Schwester auch mal im herbsten Unterschichtenslang parliert, nimmt man der 30-Jährigen ohne Stirnrunzeln ab – wie überhaupt die Besetzung exquisit ist. Nur zwei Männer-Rollen gibt es, Richard Armitage (der Zwergenkönig der „Hobbit“-Reihe) lässt sich gern als windig-schöner Galerist an der Nase herumführen, während der englische Komiker und Moderator James Corden als Versicherungsermittler den Bösewicht des Stücks gibt. Schließlich sind alle Zuschauer, egal welchen Geschlechts, diamantenklar auf der Seite der lässigen Diebinnen. Ihnen gönnt wohl jeder, diese männlich dominierte Securitywelt auszutricksen und sich danach – im eleganten Kleid – bei einem trockenen Martini ein wenig selbst zu feiern.

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