Kultur 50 Zeilen Pop: Dringliche Schwaben: „Fake“ von Die Nerven

Passender kann ein neues Album in diesen Zeiten gar nicht heißen. „Fake“ haben die Stuttgarter Noiserocker Die Nerven ihren Nachfolger zu „Out“ genannt. Und klingen im Titelstück gleich ungewöhnlich sanft und einladend, ja fast schon weich. „Ich habe Algorithmen, die alles erklären“, schmeichelt dazu, mehrfach überlagert, die Stimme von Sänger Max Rieger. Und der Refrain verkündet: „Her mit euren Lügen, her mit eurem Neid.“ Bei den Nerven darf also um die Ecke gedacht werden. Das Trio – neben Sänger/Gitarrist Max Rieger agieren Bassist Julian Knoth und Schlagzeuger Kevin Kuhn – lässt sich nicht gern festlegen. Die Nerven möchten auch nicht als politische Band vereinnahmt werden, daher sind die Texte oft mehrdeutig offen, was bestens zu ihrer Musik passt, die von Der Plan bis Nirvana allerlei Einflüsse aus Wave, Noiserock und Postpunk vereint und doch für sich stehen kann. Und möchte. „Immer nur dagegen, aber gegen was?“, fragen Die Nerven im wieder gewohnt lärmigen, dringlichen Stück „Frei“, das auffordert: „Lass’ alles los, gib alles frei, nichts bleibt.“ Wieder wütend klingt Max Rieger da, auch wenn er kürzlich im Interview mit dem „Musikexpress“ betonte, dass er doch gerne auch mal für etwas sei und nicht als Protestsänger missverstanden werden möchte: „Ich will keine Moralvorträge hören, sondern Text, der die Musik weiterträgt, ohne ihr im Weg zu stehen.“ Die poppigere Note der Musik wiederum mag auch seiner Zusammenarbeit mit dem Südpfälzer Musiker Max Gruber alias Drangsal geschuldet sein: Max Rieger hat das neue Album „Zores“ des Herxheimers mit bisweilen hymnenhaftem Pop (Erscheinungstag: 27. April) produziert. Was für Freunde anspruchsvoller deutschsprachiger Musik mit innovativen Texten heißt: Beide Alben müssen natürlich gekauft werden.

x