Kultur 50 Zeilen Chanson: Sommer der Kontraste

Im Mai kam die Hiobsbotschaft: Charles Aznavour sagte bis in den Monat September hinein alle seine Konzerte ab, darunter auch zwei in Deutschland, in Regensburg und Köln. Ein Sturz mit einem gebrochenen Arm als Folge wurde als Ursache der Zwangspause genannt. Für Tokyo nun, am 17. September, und zwei Tage später in Osaka, werden wieder Tickets im Internet angeboten. Ab Oktober stehen, nach Auftritten in Kiew und Brüssel, bis Jahresende eine Reihe von Konzerten in ganz Frankreich auf dem von der Aznavour-Stiftung veröffentlichten Tournee-Plan – am 15. Dezember auch Straßburg. Und am 29. Juni 2019 ist er für Tel Aviv gebucht. Dann hat Aznavour bereits seinen 95. Geburtstag gefeiert und längst schon Henri Salvador überflügelt. Der hat 2000 – als 80-Jähriger – ein grandioses Comeback hingelegt, wurde bis zu seinem Tod 2008 als großer alter Mann der französischen Musikszene bejubelt und wirkte immer wie ein frecher Lausbub. Wenn hier von Größe die Rede ist, dann spielen allerdings bei beiden die Körpermaße keine Rolle, der kleine Charles ist mittlerweile zum Giganten gewachsen. Einen, auf den man in diesem Sommer verzichten musste. Gelegenheit, um sich nach Neuem umzusehen. Wer sich jemals auf Dorfmärkten und Landbistros in der Provinz umgehört hat, weiß, dass einem dort ziemlich viel Qualität zu Ohren kommen kann. Oft in der Tradition der großen Alten wie George Brassens oder Léo Ferré. Da steht dann eine gerade mal 23 Jahre alt gewordene junge Frau auf einer Drei-Quadratmeter-Bühne vor vielleicht 40 Zuschauern in einem „Bistrot de Pays“ in der Ardèche und verzaubert mit virtuosem Gitarrenspiel, ausdrucksstarker Stimme und poetischen Texten. Wenn man das Ganze nur für Urlaubszauber hielt, wird man zu Hause auf Youtube bestätigt: Das Publikum für Augustine Hoffmann wird ganz gewiss bald wachsen.

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