Meinung Die Schweigsamen oder Wie Mainz Informationen zurückhält

Vor den Kameras: Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz.
Vor den Kameras: Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Innenminister Roger Lewentz.

Verschleppen, aussitzen, Nebelkerzen werfen – das Informationsgebaren von mindestens Teilen der rheinland-pfälzischen Landesregierung ist eine Zumutung. Hat das System?

Regierungen sind auskunftspflichtig. Sie haben gegenüber der Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen. Dazu sind sie nicht nur rechtlich verpflichtet, das ist in der Demokratie auch eine Binse. Umso bemerkenswerter ist es, dass mindestens Teile der rheinland-pfälzischen Landesregierung gelegentlich daran erinnert werden müssen.

Die RHEINPFALZ hat versucht, die Meldeketten und Informationswege beim Eifel-Hochwasser nachzuvollziehen (RHEINPFALZ am SONNTAG, 25. Juli). Die Recherche war überaus mühsam und zäh. Warum?

Erstens: Weil Landesministerien einfachste Fragen nicht beantworten. Beispiel: Die Frage, wann das rheinland-pfälzische Innenministerium als oberste Katastrophenschutzbehörde des Landes erstmals von den bevorstehenden Starkregenereignissen erfahren hat, wurde trotz Nachfrage ignoriert.

Infos nach Gutdünken

Zweitens: Weil Landesministerien offenbar nach Gutdünken auswählen, welche Fragen sie zu beantworten gedenken. Beispiel: Dem Landesinnenministerium wurde zunächst ein Katalog von zehn Fragen geschickt. Das Ressort beantwortete sie nicht. Am Tag darauf bekam das Ministerium eine leicht veränderte Liste von sechs Fragen gemailt. Das Ressort beantwortete eine der sechs Fragen.

Drittens: Weil Landesministerien Anfragen über Tage verschleppen. Beispiel: Das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz (LfU) bekam am Mittwoch, 21. Juli, 07:21 Uhr, sechs Fragen zugeschickt. Die haben sich ergeben aus den Antworten einer vorherigen Anfrage. Das LfU reagierte nicht. Trotz mehrmaliger Aufforderung, die Fragen zu beantworten, und zweimaliger Zusagen, reagieren zu wollen, wurde bis heute nur eine von sechs Fragen beantwortet.

Antworten auf Fragen, die nicht gestellt wurden

Viertens: Weil Landesministerien Fragen beantworten, die nicht gestellt wurden. Beispiel: Anfrage ans Innenministerium am Mittwoch, 21. Juli, 06:39 Uhr: Wie begründet die Landesregierung vor dem Hintergrund der vielen Toten im Kreis Ahrweiler die Tatsache, dass die Übertragung der Einsatzleitung ans Land erst am Abend des 17. Juli erfolgte? Antwort des Ministeriums: Verweis auf eine Pressemeldung der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD). Diese Pressemitteilung beantwortete die Frage: Wer leitet künftig den Einsatz? Das war längst bekannt. Sie beantwortet nicht die gestellte Frage: Warum erfolgte die Aufgabenübertragung erst am Samstagabend?

Nebelschwaden in allen Farben

Man könnte weitere Auffälligkeiten nennen, beispielsweise, dass Landesministerien gerne Nebelkerzen werfen. Der Nebelkerzen-Fundus dieser Landesregierung ist übrigens erstaunlich gut bestückt. Die Nebelschwaden schillern in allen Farben, die der Regenbogen zu bieten hat.

Den Recherchierenden beschleicht zwangsläufig das Gefühl, dass hinter dem Informationsgebaren mindestens von Teilen dieser Landesregierung wiederkehrende Muster stecken: Alles, was auch nur nach Kritik an der Regierung Dreyer klingen könnte, wird verschwiegen, verschleppt, ausgesessen.

Dass Ministerien in den Tagen nach dem großen Hochwasser unter enormem Handlungsdruck standen, ist klar. Das enthebt sie aber nicht von der Pflicht, angemessen und transparent zu informieren. Das Informationsgebaren mindestens von Teilen dieser Landesregierung ist eine Zumutung. Seit langem.

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