Zweibrücken Spagat zwischen Sport und Schule

ZWEIBRÜCKEN. Leistungssport in jungen Jahren funktioniert nur, wenn die Athleten das selbst wollen. Das kristallisiert sich schnell heraus im Gespräch mit Speerwerferin Christin Hussong (LAZ Zweibrücken), Schwimmerin Marlene Hüther (SSG Saar Max Ritter) sowie den Handballern Nils Wöschler und Elisa Burkholder (beide SV 64 Zweibrücken). „Sport war für uns schon immer das Wichtigste“ erklären sie.

Um dem Sport den Stellenwert einräumen zu können, den er für sie hat, verzichten sie auf manches. Nicht jede Party feiern sie mit. Sie brauchen Disziplin und Organisationstalent, um Training, Schule, Sport und Freundschaften kombinieren zu können. Und es braucht Verständnis der Freunde, Unterstützung von der Familie. „Meine Freunde wussten schon, die Christin hat wieder einen Wettkampf, die kommt nicht“, erzählt (20 Jahre). Sie studiert in Saarbrücken, fährt selbst Auto. Seither ist es für sie leichter, ihr sonstiges Leben mit dem Leistungssport in Einklang zu bringen. „Gerade der Führerschein hat vieles einfacher gemacht“, sagt sie. Ihr Vorteil sei gewesen, dass ihr Trainer Udo Hussong auch ihr Vater ist. „Wir mussten also immer beide zum Training“, sagt sie lachend. Training: täglich. Das Leben wird bei allen rund um Schule beziehungsweise Training und Wettkämpfe organisiert. Deutsche Meisterschaften, Europa- und Weltmeisterschaften Olympische Spiele für Jugendliche, Trainingslager. „Die Schule hat mich unterstützt wo es ging, hat mich freigestellt. Aber den Stoff nacharbeiten, das war meine Sache“, erzählt Hussong, die das Hofenfels-Gymnasium besucht hat. Ans Aufhören hat sie nie gedacht. „Ich will immer trainieren“, sagt sie und kann sich ein Leben ohne Sport nicht vorstellen. Sie hat viel gesehen durch ihren Sport: Monaco, Singapur, Moskau, Südafrika, Portugal und vieles mehr. „Bei uns wird immer geschaut, dass neben den Wettkämpfen Zeit bleibt, um Land und Leute kennenzulernen“, sagt sie. Ferienzeit ist Trainingslagerzeit für Schwimmerin . Die 15-Jährige aus Dietrichingen hat die deutschen Meisterschaften und die EM-Qualifikation vor Augen. Sie sagt: „Ich wollte und will immer schwimmen.“ Marlenes Mama Andrea schiebt nach: „Seit sie zum ersten Mal beim Schwimmen war, ist das so.“ Der Schwimmsport fordert schon in ganz jungen Jahren viel Disziplin. Trainiert wurde unter anderem am Olympiastützpunkt in Saarbrücken. Für ihre Tochter stand deshalb früh fest, dass sie ab der fünften Klasse das nahe gelegene Rothenbühl-Gymnasium in Saarbrücken besuchen wollte. Eine von 39 Eliteschulen des Sports in Deutschland. Hier wird die Vereinbarkeit von Schule und Leistungssport besonders gefördert. Früh morgens um 5.30 Uhr aufstehen hieß es nach dieser Entscheidung in Dietrichingen. Fahrgemeinschaften mit der Familie von Nele Suthoff halfen. „So mussten wir nur jede zweite Woche fahren“, erzählt Andrea Hüther. Einen Platz im direkt neben der Schwimmhalle in Saarbrücken gelegenen Internat des Landesportbundes, das mit dem Rothenbühl-Gymnasium kooperiert, hatte Marlene Hüther immer im Auge. „Als zwei Plätze frei wurden, haben sich Nele und Marlene beworben“, erzählt Andrea Hüther. „Im Internat lassen sich Schule und Training richtig gut vereinbaren“, sagt Marlene Hüther. Zum Frühtraining reicht es jetzt, um 6.30 Uhr aufzustehen. Die 18 Internatsplätze sind begehrt, sportliche Erfolge die Voraussetzung. Marlene Hüther ist C-Kader-Athletin. 320 Euro kostet ihre Familie der vom Sportbund bezuschusste Internatsplatz. Während Christin Hussong nie über einen Internatsplatz nachgedacht hat, war es für (17 Jahre) zumindest eine Überlegung wert. Das Rothenbühl-Gymnasium wäre eine Option gewesen. Der Handballer des SV 64 Zweibrücken ist regelmäßig zum Stützpunkttraining in Saarbrücken. Er gehört der Saarauswahl an, wurde vom DHB gesichtet und spielt in der Herren-Oberliga. Im Sommer wirft er erfolgreich Speer für das LAZ Zweibrücken. „Aber nur zum Spaß“, sagt Nils, der das Hofenfels-Gymnasium besucht. In Zweibrücken habe er wohnortnah sehr gute Trainingsmöglichkeiten, das hat die Entscheidung einfach gemacht. Dienstag, Mittwoch und Freitag steht Handballtraining beim SV auf dem Plan, donnerstags ist er zum Krafttraining beim LAZ. Verzichten muss auch er. Weggehen am Freitagabend ist während der Saison selten. Stattdessen: Training und Spielbesprechung. „Wird samstags gespielt, ist es nicht sinnvoll freitags zu feiern“, sagt er ohne Bedauern. Zu gern spielt er Handball. Wöschlers Vereinskollegin (16 Jahre) ist Jugendnationalspielerin, hat die Europameisterschaft im Visier. Zuletzt war sie wieder eine Woche im Trainingslager. Auch für sie gilt, dass die Schule, in diesem Fall das Helmholtz-Gymnasium, sie unterstützt und freistellt. „Aber den Stoff muss ich nacharbeiten“, sagt sie. Sie hat sich für den Wechsel auf ein Sportinternat entschieden. Nach Dormagen geht sie, spielt künftig für Bayer Leverkusen. „Aus sportlichen Gründen“, sagt sie. In ihrem Sport, der von Kindesbeinen an zu ihrem Leben gehört, möchte sie viel erreichen. „Wir haben das immer unterstützt“, sagt Papa Klaus Burkholder. Mit Sohn Tim gibt es einen weiteren erfolgreichen Handballer im Haus. Die Strecke zwischen Zweibrücken und Saarbrücken kennt Familie Burkholder auswendig. Thekendienste bei Heimspielen, Fahrdienste bei Auswärtsspielen? „Selbstverständlich. Das machen wir gerne. Wir sind ja stolz darauf, wie unsere Kinder das regeln“, sagt Klaus Burkholder. Ein Jahr zuvor hatte Elisa Burkholder, das Internatsangebot noch abgelehnt. „Ich war noch nicht soweit“, sagt sie. 450 Euro kostet der Platz in Dormagen monatlich. Auch hier unterstützt der Sportbund.

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