Zweibrücken Saatkrähen auf Landflucht

Im Zweibrücker Stadtgebiet gibt es grob geschätzt 3500 Saatkrähen. Die Kolonie ist in diesem Jahr stark gewachsen, da sich wohl Schwärme aus Mauschbach und Contwig angeschlossen haben. Die Zweibrücker Allee bietet den Tieren so hervorragende Bedingungen, dass die Kolonie nach Einschätzung des Umwelt- und Servicebetriebs noch weiter wachsen wird.

„Auch bei den Saatkrähen herrscht Landflucht“, scherzt Heiko Wunderberg von der unteren Naturschutzbehörde der Stadt, die seit drei Jahren dem UBZ angegliedert ist. Er findet es erstaunlich, dass die Städter ihre Verwandten vom Land noch aufgenommen haben. „Wenn eine Kolonie so groß ist, kommt es normalerweise zur Abspaltung. Aber hier wurden die kleineren Kolonien noch aufgenommen. Wahrscheinlich ist das Potenzial noch nicht ausgereizt“, vermutet Wunderberg. Normalerweise bevorzugen die Saatkrähen und andere Rabenvögel hohe, freistehende Bäume in Auen wie dem Hornbach- oder Schwarzbachtal. Von dort oben haben sie eine freie Sicht und fühlen sich sicher. „Solche Bäume gibt es dort aber nicht, also weichen die Tiere aus“, erklärt Wunderberg. Dorthin, wo sie alles haben: hohe Bäume und ausreichend Nahrung. „Und da herrschen in der Allee optimale Bedingungen. Auf der Rennwiese gibt’s Schnecken und Käferlarven, auf den umliegenden Feldern Mais und andere Körner. Das ist gerade bei der Aufzucht die wichtigste Nahrung“, so Wunderberg. Die Bedingungen in der Allee sind wohl so ideal, dass die Kolonie weiter wachsen könne. 571 Horste hat der UBZ gezählt. Pro Horst geht er von zwei Elterntieren und drei bis fünf Jungtieren aus, das macht – vorsichtig geschätzt – 3500 Vögel. Im Herbst ist die Zahl ohnehin schwer zu ermitteln, da zieht es die Tiere in den wärmeren Breisgau und ins französische Rhone-Delta. Die Eltern fliegen meist früher, die Jungtiere kommen nach. Aus dem Nordosten kommen hingegen viele Krähen zu uns. Auswirkungen auf andere Tiere, vor allem auf kleinere Singvögel und auf die Landwirtschaft hat die große Kolonie nach Meinung Wunderbergs nicht. Dass Krähen und andere Rabenvögel den Bestand der Singvögel reduzieren sei schlichtweg ein Märchen. „Die heißen Saatkrähen, weil sie Körner und Keimlinge fressen. Tierische Nahrung macht nur einen Bruchteil aus. Natürlich werden mal Eier oder Jungtiere geholt, aber das machen Eichhörnchen auch. Es ist noch nie passiert, dass eine Tierart eine andere ausrottet. Das schafft nur der Mensch“, stellt Wunderberg klar. Der Mensch sei auch dafür verantwortlich, dass es weniger Singvögel gebe. Diesen Tieren fehlten Strukturen wie Gärten mit richtigen Hecken, Sträuchern und Früchten. „In die Tujahecke oder den mit Split gefüllten Vorgarten verirrt sich kein Singvogel. “ Wunderberg sieht deshalb auch keine Veranlassung den Krähen durch Jäger nachzustellen. Zumal Krähen und Rabenvögel zu den Singvögeln gehören, die nach europäischem Recht geschützt sind. In Rheinland-Pfalz dürfen Elstern und Rabenkrähen nach Angaben des Landesjagdverbandes dennoch von August bis zum 20. Februar gejagt werden, Saatkrähen sind jedoch geschützt. Für das Rückschneiden der Platanen musste der UBZ eine Genehmigung bei der oberen Naturschutzbehörde beantragen, da dem Rückschnitt auch die Horste zum Opfer fallen. „Krähen sind ohnehin nicht die sichersten Baukünstler. Meist fallen die im Winter sowieso herunter“, berichtet Wunderberg, der auch angesichts des Vogeldrecks in der Allee zur Gelassenheit mahnt: „Richtig dreckig ist es nur während der Aufzucht im April und Mai. Ansonsten halten sich die Vögel tagsüber auf den Feldern auf. Hundekot in der Allee ist ein viel größeres Problem.“ (mco)

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