Zweibrücken Rabenschwarz

„Ich glaub’, es hackt.“ So heißt das Programm des Kölner Politkabarettisten Robert Griess, mit dem der eloquente Satiriker mit dem bitterbösen Humor am Dienstagabend in der ausverkauften Zweibrücker Thalia-Buchhandlung auftrat.

Bundesregierung, Europapolitik, BWLler mit Offshore-Geschäftsmodell – vor der scharfen Zunge des Kölner Kabarettisten Robert Griess ist niemand sicher. Schonungslos und voll beißender Ironie rechnet der Träger zahlreicher Kleinkunstpreise – darunter die St. Ingberter Pfanne 1988 – mit einer Gesellschaft ab, in der Opportunismus und Profitgier längst zum guten Ton gehören. Sigmar Gabriel („lebende Hüpfburg der deutschen Sozialdemokratie“), Andrea Nahles („zarte Sozialistin gefangen im Körper einer russischen Kugelstoßerin“), Angela Merkel („schwarze Mamba der Politik und späte Rache der DDR“) – kaum ein deutscher Spitzenpolitiker kommt ungeschoren davon. Als Theo, Multikulti-Grüner mit selbstgestrickter Wollmütze, der „nicht mehr dagegen, sondern nur noch dafür ist“ bringt Griess Neuigkeiten vom Parteitag. „Die Claudia hat gesagt, wenn die FDP opportunistisch war, müssen wir eben zeigen, dass wir das besser können“, sinniert er über das ideologische Rundum-sorglos-Paket. „Wir können gleichzeitig gegen Atomkraft weit weg und Windräder nah dran sein“, meint er und plant die Karriere der künftigen Umweltministerin Roth, die „aus Sachzwängen Castor-Transporte genehmigen und bei der Sitzblockade in der ersten Reihe demonstrieren kann“. Als Kultfigur Herr Strapper auf Hartz IV, ein Kölner Original auf der Suche nach der Revolte im Alltag, gibt er Tipps zum Umgang mit den „Waldorf-Müttern dieser Welt“: einfach vor den Bio-Markt stellen und rauchen. Das reicht schon, ereifert er sich über den „bayrischen Klüngel“, der die Steueraffäre um Uli Hoeneß erst möglich gemacht habe. Zur absoluten Hochform läuft er in der Rolle des André von Ascheberg-Aldenhoven auf. Der beschäftigt sich mit den wichtigen Fragen des Lebens „To have lunch or to be lunch“, erörtert das herrschende Wirtschaftssystem („Wirtschaft ist kein Krieg, denn im Krieg gibt es Regeln“) und macht in Bangladesch die Bekanntschaft des neunjährigen Raschid, der für einen Hungerlohn Jeans näht und damit eine ganze Großfamilie ernährt. „Und dann sagen sie, der Raschid soll in die Schule gehen. Und was lernt er da? Dass die Welt ungerecht ist und er nie eine Chance haben wird. Das macht den Raschid doch traurig, und dann wird er Terrorist. Das will doch keiner.“ Das ist politisches Kabarett vom Feinsten. Schonungslos, bitterböse, zynisch und messerscharf. Selbst die eigene Rolle reflektiert Griess mit beißender Ironie. So berichtet der Mann mit dem Hang zum rabenschwarzen Humor von einen Auftritt vor 30 sonnenverbrannten BWLlern mit Offshore-Geschäftsmodell in einem Luxusressort in Marokko, die ihn gebucht haben, um einen Harem-Abend zu vertuschen. Dort, seien ihm auch reiche Deutsche im Exil begegnet, die den Anruf ihres Anwalts erwarteten, der vor der geplanten Heimkehr ermitteln müsse, ob sich ihre Namen auf den neuen Steuer-CDs befinden. „Steuerflüchtlinge sind überall hoch angesehen. Politische Flüchtlinge bekommen überall Ärger. Steuersünder kommen ins Steuerparadies. Politische Flüchtlinge ersaufen im Mittelmeer oder kommen in die Hölle.“ Und dem Publikum blieb das Lachen im Hals stecken.

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