Zweibrücken „Jedes Leben ist kostbar“

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„Das Gesetz ändert sich, aber nicht mein Gewissen. Es lebe die Freiheit, und nichts als die Freiheit.“ Diese Maxime motivierte die Münchner Biologie- und Philosophiestudentin Sophie Scholl und die anderen Mitglieder der Widerstandsgruppe „Die weiße Rose“ zu ihrem Kampf gegen die nationalsozialistische Diktatur und wurde zur Leitschnur ihres Handelns. Das Theaterstück „Sophie Scholl: Freiheit“ des Koblenzer Theaters am Ehrenbreitstein bildete gestern den Auftakt der Zweibrücker Kinder- und Jugendtheaterwoche im Jugendzentrum.

Die Atmosphäre ist düster, die Musik erzeugt beklemmende Enge. Auf der Bühne befinden sich ein Tisch und zwei Stühle, zwei Menschen verteidigen sich hier gegen den Vorwurf des Hochverrats: die Geschwister Sophie und Hans Scholl. Annika Woyda und Matthias Krause verkörpern die Widerstandskämpfer authentisch, die Spannung im Raum ist greifbar. Der Grund der Anklage ist ersichtlich: Überall liegen Flugblätter mit Aufrufen zum Widerstand gegen das Hitler-Regime und zur Beendigung des Krieges auf dem Boden. Diese Flugblätter haben Sophie und Hans, Medizinstudent im achten Semester, seit Januar 1943 in der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität verteilt, beim Auslegen des 6. Flugblattes am 18. Februar wurden sie gefasst. Unter Verzicht auf eine lineare Erzählung rekonstruiert das Stück in Rückblenden die Etappen der Verhöre und des Prozesses gegen die Geschwister Scholl. Die analytische Struktur erinnert an das epische Theater von Bertolt Brecht. Imaginierte Anklagesituationen und Monologe wechseln sich bruchlos ab. Und doch entwickelt sich das Drama völlig organisch. Immer wieder weisen die Beschuldigten die Vorwürfe zurück, bis die „Beweise“ erdrückend werden. Und auch dann noch versuchen sie, ihre Kameraden zu decken. Die Einsamkeit, aber auch die inneren Kämpfe der beiden Protagonisten treten im Spiel der Akteure immer wieder zutiefst überzeugend und berührend hervor. Die Verhöre werden zu psychischen Duellen, die schlaglichtartig beleuchtet werden. Die Spannung steigert sich zu nahezu unerträglicher Intensität. Einen letzten Moment trügerischer Ruhe erleben die Beiden in einem von elegischer Musik untermalten tragischen Idyll kurz vor Beginn des Prozesses, der nach nur vier Tagen beendet ist. Viele subtile Nuancen zeichnen die Darstellung von Woyda und Krause aus: Geste, Stimme und Haltung lassen die beiden jungen Widerstandskämpfer in ihren schwersten, dunkelsten Stunden wieder lebendig werden. Dabei ist ihre Botschaft heute so aktuell wie damals: „Rassenhass? Wie können Sie denn glauben, dass Juden andere Menschen sind als wir?“, hält Sophie Scholl ihren Anklägern entgegen. Ihr Bekenntnis zu Humanismus und Christentum ist unerschütterlich: „Jedes Leben ist kostbar. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir durch unser Handeln so viel verändern können.“ Auch Hans Scholl versteht sich als Wegbereiter einer neuen Idee: „Das Leben ist ein Abenteuer zum Licht.“ Die Schauspieler Annika Woyda und Matthias Krause haben das Stück zusammen mit Regisseur Gabriel Dìaz entwickelt. Grundlage waren die Protokolle der Verhöre und des Prozesses vor dem Volksgerichtshof in München unter Leitung von Roland Freisler. Am 22. Februar wurden Hans und Sophie Scholl wegen „landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Wehrkraftzersetzung“ zum Tode verurteilt und am gleichen Tag zusammen mit ihrem Freund Christoph Probst durch die Guillotine hingerichtet. „Man hatte das Gefühl, dass man dabei ist“, fasste Lehrerin Caroline Winter die Stimmung nach der Aufführung in Worte. Auch die etwa 30 Schüler der beiden Wirtschaftsklassen der Berufsfachschule hatten viele Fragen an Regisseur und Darsteller. „War es leicht, in die Rolle der Sophie Scholl hineinzuschlüpfen?“, wollte eine Schülerin spontan wissen. „Es gibt immer Momente, in denen man sagt: Das ist jetzt schwierig, da komme ich nicht rüber“, antwortete Annika Woyda. „Aber diese Rollen liegen uns am Herzen. Es ist etwas Besonderes, das spielen zu dürfen.“

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