Rheinpfalz-Sommerredaktion In die Südwestpfalz – unter Einsatz ihres Lebens

Amanuel Ghebregziabher und Kiros Tesfay (von links)
Amanuel Ghebregziabher und Kiros Tesfay (von links)

Sie können wieder lachen. Und das Eis schmeckt wieder. Nach lebensgefährlicher Flucht aus Eritrea haben Amanuel Ghebregziabher und Kiros Tesfay in Zweibrücken eine Heimat gefunden.

Kennengelernt haben sich die beiden erst in der Südwestpfalz: „Wir haben dieselbe Muttersprache und eine ähnliche Geschichte – da hat sich der Kontakt von selbst gefunden“, erzählt Kiros Tesfay in sehr gutem Deutsch, das er sich seiner Ankunft Ende 2015 angeeignet hat. Seine ersten Stationen in der Südwestpfalz waren Donsieders und Rodalben, wo er zunächst von der Gemeinde zu Hilfsarbeiten eingesetzt wurde. Etwa beim Saubermachen und in der Grünpflege. Ein Deutschkurs in Rodalben öffnete dem Eritreer Anfang 2017 den Weg zu einem Ausbildungsvertrag als Elektromonteur bei der Firma E-Mon 2000 an der Niederauerbacher Dorndorf-Kreuzung. „Im Februar 2021 habe ich meine Ausbildung abgeschlossen“, sagt der 32-Jährige, „und bin dort jetzt fest angestellt“.

Der elf Jahre ältere Amanuel Ghebregziabher ist seit seinem B1-Deutschkurs heute in Diensten einer Leiharbeitsfirma als Monteur bei diversen Unternehmen in der Region tätig. Unter anderem bei Hager in Blieskastel; zurzeit arbeitet er bei Profine in Pirmasens.

Fünf Tage durch die Wüste

Aber wie haben Tesfay und Ghebregziabher es geschafft, aus dem diktatorischen Polizeistaat Eritrea herauszukommen, der mitunter das „Nordkorea Afrikas“ genannt wird?

„Das ist eine lange Geschichte“, weicht Kiros Tesfay zunächst aus. Er ist sich nicht sicher, ob man so etwas im sommerlich-friedlichen Eiscafé überhaupt hören möchte.

Doch, man möchte. Also berichtet Amanuel Ghebregziabher von seinem illegalen Grenzübertritt ins Nachbarland Sudan. „Von dort aus ging es in einem LKW-Konvoi mit Schleppern fünf Tage durch die Sahara bis nach Libyen. Die Fahrt war sehr gefährlich, wir mussten den Schleppern viel Geld bezahlen“, deutet er an. Im libyschen Tripolis fand sich Ghebregziabher dann in einem „kleinen Lager mit 900 Leuten“ wieder, wie er erzählt. Von dort aus habe er sich auf ein Schiff durchgeschlagen, das ebenfalls von Schleppern organisiert war. Auch diese ließen sich ihre Dienste von jedem Flüchtling mit Hunderten Dollars vergolden. Immerhin sei die Passage übers Mittelmeer einigermaßen glatt verlaufen. „Von Italien aus ging’s dann mit dem Zug nach Deutschland“, schildert Amanuel Ghebregziabher das Ende seiner Reise.

Knapp über die Köpfe geschossen

Noch härter und noch gefährlicher waren die Erlebnisse seines Landsmanns: Als Kiros Tesfay an der libyschen Küste eingetroffen war, fand er sich inmitten einer Flüchtlingsgruppe in einem – selbstverständlich teuer bezahlten – Schlauchboot wieder. Dieses wurde nach kurzer Fahrt von der Küstenwache aufgespürt: „Die haben knapp über unsere Köpfe geschossen und uns dann zurück nach Tripolis zur Polizei gebracht.“ Die nächsten beiden Monate brachte er in einer zum Gefängnis umfunktionierten Halle zu – mit 1200 Mitgefangenen. Eines Tages, so schildert Tesfay, habe eine Schlepperbande die Wachen bestochen: „Für jeden Flüchtling, den sie rausgelassen haben, haben die Polizisten 200 Dollar kassiert.“ Geld, das sich die Schlepper von den Schutzsuchenden postwendend zurückholten. Genauso wie die 600 Dollar pro Kopf, mit denen wenig später die Marine fürs Wegschauen entlohnt wurde.

Bis Kiros Tesfay endlich zum zweiten Mal auf dem Mittelmeer unterwegs war – diesmal in einem festen Schiff – habe ihn die zweite Schlepperbande alles in allem um 2000 US-Dollar erleichtert. „Dafür hat die Küstenwache unser Schiff so lange begleitet, bis wir aus den libyschen Hoheitsgewässern raus waren.“

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