Zweibrücken Freundschaftsspiel mit Dudelsack

Ein Dropkick-Murphys-Konzert hat was von einem Fußballmatch. Bei ihrem Freundschaftsspiel im Saarbrücker E-Werk am Donnerstagabend vor 2500 bis 3000 Zuschauern zeigten die sieben aus Boston an der Ostküste der USA, dass sie derzeit der unangefochtene Spitzenreiter unter den Irish-Folk-Punk-Bands sind.

„Dropkick Murphys“ steht auf der großen Leinwand hinter der Bühne, wie auf einer Anzeigetafel. Vom Band singt Sinead O’Connor zur Musik der alt-ehrwürdigen Chieftains „The Foggy Dew“, die Ballade über den Osteraufstand von 1916, als sich Irland vom Vereinigten Königreich lossagen wollte. Mit diesem Lied beginnen alle Konzerte der Murphys, als wäre es eine Vereinshymne, die vor jedem Spiel erklingt. Dann die Bass Drum von Matt Kelly, Viervierteltakt, bumm – bumm – bumm – bumm; und seine sechs Bandkollegen rennen auf die Bühne, hintereinander, als würden sie aufs Spielfeld laufen; gehen auf Position und stehen da, breitbeinig, wie eine Abwehrreihe, an der keiner so leicht vorbeikommt. Nur Sänger Al Barr stößt immer wieder in die Spitze, steht ganz vorne am Bühnenrand, klettert runter, singt direkt vor den Fans: „The Boys Are Back“ – die Jungs sind zurück – , das erste Stück der aktuellen CD „Signed and Sealed in Blood“ und ein passender Auftakt fürs Saarland, wo die Band schon öfter zu sehen war: 2011 spielten die Murphys beim „Rocko del Schlacko“ in Püttlingen, 2009 beim „Rock am Bach“-Festival in Merzig und 2007 und 2008 in der Saarbrücker Garage. Den Gesang teilt sich Barr mit Bassist Ken Casey, und wenn der ein Lied übernimmt, dann geht Barr nach hinten, um nach drei Minuten wieder rauszukommen, wie ein Auswechselspieler, der heiß ist auf den nächsten Einsatz. Barr steht dann vorne, Mikro in der einen Hand, die andere zur Faust geballt, nicht wie im Fußball, sondern eher wie ein Boxtrainer, der seinen Schützling vor dem Kampf einpeitscht. Auch das passt: Im Video zu „The Boys Are Back“ spielt die Band in einem Boxring, und benannt hat sie sich nach John „Dropkick“ Murphy, der seinen Spitznamen von einer Technik beim Wrestling hat und nach seiner Karriere als Wrestler in der Nähe von Boston eine Heilanstalt für Alkoholkranke gründete, die „Dropkick Murphy’s“ genannt wurde. Was ironischerweise auch bedeutet, dass die Band, die in ihren Songs nicht nur vom Zusammenhalt, sondern auch vom Saufen singt, ausgerechnet nach einer Entzugsklinik benannt ist. Einpeitschend ist auch die Musik der sieben: „Here We Go“ - „Auf geht’s“ – singen sie in erst in „Famous for Nothing“ und später in „Out of Our Heads“. Die Band stellt nicht ihr aktuelles Album in den Vordergrund, sonder spielt einen Querschnitt aus ihrer fast 20-jährigen Karriere. Die Songs sind schnell und kurz, mit Refrains zum Mitgröhlen – die Dropkick Murphys sind eine Punk- und Hardcoreband. Und doch sind sie mehr als das: Selbst manche harten Stücke spielen sie auf der Akustikgitarre, dazu kommen Folk-Instrumente wie Dudelsack, Banjo, Mandoline, Akkordeon und Tin Whistle. Und dann die traditionellen irischen Folk-Songs: In Saarbrücken sind es „Rocky Road to Dublin“ und „Wild Rover“, das in Deutschland vor allem als „An der Nordseeküste“ bekannt ist. Mit einer Art Punk-Traditional endet das Konzert: mit der 78er-Punk-Hymne „If the Kids Are United“ von Sham 69, das auch schon die Toten Hosen aufgenommen haben. Und wie die Kids da zusammenhalten: An die 80 Leute stehen zum Schluss auf der Bühne. Zwei Lieder zuvor, beim von Ken Casey gesungenen „Kiss Me, I’m Shitfaced“, hatte Al Barr eine junge Frau nach der anderen aus dem Publikum auf die Bühne geholt. Fast im Sekundentakt. 50 waren es wohl am Ende, die Arm in Arm in einer Reihe standen, mittanzten und mitsangen. Bei „Skinhead on the MBTA“ folgten die Jungs, von denen um die 20 mit auf die Bühne durften. Die war schon vor den Zugaben etwas enger geworden, denn auf der „Celtic Punk Invasion“-Tour sind drei Einheizer dabei: The Mahones aus Kanada, Blood or Whiskey aus Irland und der aus Boston stammende Bryan McPherson. Der darf alleine mit Akustikgitarre und Mundharmonika das frühe Murphys-Stück „Caps and Bottles“ spielen, bevor die Band am Ende einsetzt und für „I’m Shipping up to Boston“ auch Gitarrist Dugs Mulhooly von Blood or Whiskey und Akkordeonistin Katie McConnell von den Mahones auf die Bühne holt. Nach 90 Minuten ist der Spaß vorbei. So lange dauert auch ein Fußballspiel.

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