Dahn/Homburg Frauen malen origineller

Das neue Buch
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Es ist Zeit für die Frauen: In den letzten Jahren werden immer mehr Künstlerinnen bekannt, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts Großartiges malten. Auf internationaler Ebene ist die große Entdeckung die Schwedin Hilma af Klint (1862-1944), auf regionaler sind die so genannten Malweiber zwischen der bayerischen Rheinpfalz und Elsass-Lothringen. Letztere gehörten zu einer Malschule: der Malerkolonie Obersteinbach. Unter den Anleitung ihrer Lehrers Franz Hein lernten sie nicht zu zeichnen und malen, sondern gleich die spezielle Form der Malerei, die damals en vogue war: die Plein-air-Malerei, das Malen draußen in der Natur statt im mehr oder weniger dunklen Atelier.

Franz Hein (1893-1927) stand im Mittelpunkt der Kolonie, über 60 Gemälde und Grafiken von ihm sind zu finden, die sich zwischen Gebrauchsobjekten wie Plakaten, klassischen Porträts und Landschaften sowie märchenhaften Darstellungen bewegen. Kurzum: Er war ein begnadeter Handwerker, auch wenn vieles heute klischeehaft wirkt. Weil er in allen Genres zu Hause war, konnte er den jungen Damen, die malen wollten, den Ehefrauen von befreundeten Malern und emanzipierte Damen aus bürgerlichen Familien, einiges beibringen– so viel, dass die Gemälde der Frauen handwerklich so gut waren wie der Männer, vom Motiv her jedoch meistens origineller.

Im ersten Band des Homburger Historiker Bernhard Bonkhoff, dem früheren Pfarrer von Großbundenbach, fällt das Aquarell eines blühenden Bauerngartens von Marianne Knapp (1879-1966) ins Auge, das aber so farbstark leuchtet wie eine Lithografie – gesehen durch ein links leicht geöffnetes Gartentor. Aus halber Höhe vom Wald herunter malte Marianne Kropp (1880-1968) die evangelische Kirche von Obersteinbach auf einem fast schon fotorealistischen Gemälde in Grün- und Brauntönen. Weitaus einfallsreicher als ihr Mann Otto malte Jenny Fikentscher (1989-1959) in der Natur, denn der Clou ist immer ein Farbstreifen, der die Blicke auf sich zieht: ein gelber Weg im Schnee zu einem einsamen Haus oder ein Feld von rotrankenden Blättern an der Brüstung eines Balkons.

Im zweiten Band sind mehr Fotos von den Malerinnen vor Ort im Freien zu sehen und überhaupt mehr Fotos von der faszinierenden Gegend, die alle so inspirierte. Gut ein Dutzend Malerinnen kann man entdecken, in Porträt- und Gruppenfotos. Und die Tatsache, dass ihre Lebensläufe bis auf die Ausnahme der Industriellentochter Amelie de Dietrich sehr dünn ausfallen, zeigt, wie sehr sie doch im Schatten der malenden Männer standen und dass die Forschung hier erst am Anfang steht.

Lesezeichen

Bernhard Bonkhoff (Herausgeber): „Die Malerkolonie Obersteinbach – Colonie des Peintres 1896-1918“, Band I: 190 Seiten, zahlreiche Abbildungen, (2019; Band II: 256 Seiten, zahlreiche Abbildung (2021), Conte Verlag St. Ingbert, jeweils 20 Euro, erhältlich in der Dahner Ausstellung.

Ausstellung

„Die Malerkolonie Obersteinbach“, Malerei und Fotografien 1896-1918, Dahn, Kreisgalerie, Schulstraße 14, bis 26. September, täglich 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Das erste Buch Foto:
Das erste Buch Foto:
Bernhard Bonkhoff
Bernhard Bonkhoff
Jenny Fikentscher: „Obersteinbach“, 1899 (Ausschnitt).
Jenny Fikentscher: »Obersteinbach«, 1899 (Ausschnitt).
Die Malerinnen drängen ins Freie: der Sommerkurs 1900.
Die Malerinnen drängen ins Freie: der Sommerkurs 1900.
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