Saarbrücken Film: Eine Lothringer Stadt ohne Zukunft

„Grève ou crève“ zeigt revoltierende Bergmänner von 1995 und boxende Jugendliche von 2019.
»Grève ou crève« zeigt revoltierende Bergmänner von 1995 und boxende Jugendliche von 2019.

Die Bergmänner sind radikal. Sie werfen Molotowcocktails, sie greifen die Verwaltung an. Die Polizei antwortet mit Tränengas und Knüppeln. Es gibt Tote und Verletzte 1995 kurz hinter der Grenze am Sitz der Lothringischen Minenverwaltung. Den Archivaufnahmen von damals stellt Jonathan Rescigno (40) in „Grève ou crève“ (Streiken oder untergehen) die Zustände von heute gegenüber – in der Kleinstadt Forbach bei Saarbrücken, die immer noch unter der Schließung der Minen leidet, obwohl das schon eine Generation her ist. Rescignos Film, der bei der Berlinale 2020 lief, ist am Donnerstag, 30. September, 20 Uhr, im Saarbrücker Kino Achteinhalb zu sehen – im Beisein des Regisseurs, der Fragen beantwortet. Er kann gut Deutsch, er lebt inzwischen in Berlin. Rescigno verließ die 22.000-Einwohner-Stadt, weil sie ihm keine Zukunft bietet – und den anderen jungen Männer auch nicht. Die sind arbeitslos, hängen auf der Kirmes rum, die meisten stammen aus Einwandererfamilien. Manche haben ein Ziel: Sie gehen in die Boxschule. Auch Mädchen. Da sind sie so schlagkräftig wie früher die Minenarbeiter. Rescigno kombiniert Szenen von damals und von heute zu einem Porträt das viel ausklammert: die extremen Rechten, die fast die Hälfte der Stimmen hier haben, die Hochhäuser der Problemviertel – und die Kultur: Karl August von Zweybrücken (1784-1812), der Enkel Herzog Christians IV. von Pfalz-Zweibrücken, ist dort geboren und aufgewachsen, der Jazzgitarrist Lulu Reinhardt (1951-2014), die Sängerin Patricia Kaas. Warum werden die Jungen nicht so militant, wie es ihre Väter waren? Eintritt: 6,50 Euro. Es gilt 3G.

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