Zweibrücken Fesselndes Zwiegespräch zwischen Orgel und Flöte
Feierlich-machtvolle Orgelklänge und ätherische Flötenweisen verbanden sich im Präludium von Johann Peter Emilius Hartmann (1805-1900) zu einem bewegenden Klangbild und stimmten am Samstagabend die etwa 140 Besucher von St. Fronleichnam in Homburg auf Weihnachten ein.
Organist Christian Schmitt und Tatjana Ruhland, Soloflötistin im Radiosinfonieorchester des SWR in Stuttgart und eine international gastierende Kammermusikerin, sind ein hochkarätiges Duo. Das stellten sie auch in der Sonata C-Dur BWV 1033 von Johann Sebastian Bach (1685-1750) unter Beweis: Mit frappierender Beweglichkeit begleitete Christian Schmitt hier die munter huschenden, schnellen Läufe von Tatjana Ruhland, die den fast neckischen Scherzo-Charakter des Satzes prägten. Höchste Klangtransparenz zeichnete auch die langsame, sehr lautmalerisch-gefühlvolle Melodie des dritten Satzes aus. In das klare, durchdacht gestaltete und sehr ausgewogene Klangbild fügten sich die ornamentalen Trillerumspielungen bruchlos, in fließender Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit ein. Hochvirtuose und dabei völlig unprätentiös wirkende romantische Klangwelten ließen die beiden Musiker in der Odelette des französischen Komponisten Camille Saint-Saëns (1835-1921) aus dem Jahr 1920 entstehen. Das symphonische Gedicht verweist auf die leichte, graziöse poetische Form der französischen Autoren Pierre Ronsard oder Gérard de Nerval und begeisterte durch die dunklen, warmen Klangschattierungen von Christian Schmitts Orgelspiel, die in einer weichen, für dieses Instrument bemerkenswert schlank und schwerelos gestalteten Melodie mit leichten, flirrenden Umspielungen Gestalt annahmen. In schnellem, hochvirtuosem Spiel ihrer Querflöte entwickelte Tatjana Ruhland ein fesselndes musikalisches Zwiegespräch mit Schmitts Orgelthemen. Dezenz und Zartheit bestimmten auch ihre gemeinsame Interpretation von Astor Piazzollas (1921-1992) „Ave Maria“. Die unerwartet leisen Töne des argentinischen Komponisten, der vor allem durch seine Tangos berühmt wurde, schwebten in Ruhlands sehr klar und subtil intonierter Flötenweise leise und verhalten durch den kuppelförmigen Raum der St. Fronleichnams-Kirche; sehr weich begleitete Christian Schmitts Orgelspiel in gedämpften Akkorden die innige Melodie. Auch solistisch konnten die beiden hochkarätigen Gäste ihr Publikum überzeugen und begeistern. Flötistin Tatjana Ruhland faszinierte vor allem mit ihrer Interpretation der „Syrinx“ von Claude Debussy (1862-1918), 1913 als Schauspielmusik zu dem Drama „Psyché“ von Gabriel Mourey komponiert. Im Schaffen des Impressionisten Debussy nimmt die Querflöte eine Sonderstellung ein: Sie ist das Instrument der mythischen Natur und Ausdrucksträger der geheimnisvollen Korrespondenz zwischen Natur und Imagination. Zwischen dem Inhalt der antiken Sage um die Flussnymphe Syrinx, wie sie der römische Dichter Ovid in seinen „Metamorphosen“ überliefert hat, und der Flöte besteht ein enger Zusammenhang: Als Syrinx vor den sexuellen Nachstellungen des Hirtengottes Pan floh, verwandelte sie sich in Schilfrohr. Um die so unerreichbar gewordene Geliebte doch noch an sich zu binden, fertigte sich Pan der antiken Mythologie zufolge aus dem Schilfrohr eine nach ihm benannte Flöte. Die Schwüle eines unerfüllten Begehrens hängt auch über der lockend und gedankenverloren vor sich hintreibenden Melodie mit ihren schillernden, oszillierenden Harmonien und Klangfarben, die Tatjana Ruhland in einer hochemotionalen und gleichzeitig distanzierten Interpretation Klang werden lässt. Ein vielseitiges Klangspektrum entfaltete Christian Schmitt in der Orgelparaphrase über das Adventslied „Tochter Zion“ von Alexandre Guilmant (1837-1911). Kraftvolle, helle Klänge wechselten sich dabei in zügigen Tempi ab mit präzise umrissenen, choralartig gestalteten Themen in den mittleren Lagen, die Schmitt klangvoll und expressiv interpretierte. (knf)