Zweibrücken Feiernde „Hornissen“ ganz schön nachtaktiv

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ZWEIBRÜCKEN. Alfred Hitchcock hätte kein besseres Drehbuch schreiben können: Trotz Rückstands bis 57 Sekunden vor Ende, und Rückstands im entscheidenden Penalty-Schießen feierte der EHC Zweibrücken am Freitagabend seine erste Regionalliga-Meisterschaft in der ausverkauften Zweibrücker Eishalle (wir berichteten am Samstag). Das Spiel war an Spannung nicht zu überbieten und vor 1300 Fans beste Werbung für den Eishockey-Sport.

„Hornets“-Torhüter Steven Teucke und die US-Amerikaner Tom Tracy und Ryan McDonald waren die Matchwinner: Tracy erzielte zwei Tore und im Penalty-Schießen den entscheidenden Treffer. McDonald hatte wenige Sekunden vor der Schlusssirene zum nicht mehr für möglich gehaltenen 4:4-Ausgleich getroffen. Teucke hielt sein Team davor im Spiel – mit einem gehaltenen Penalty beim Spielstand von 3:4 in der regulären Spielzeit. Und im Anschluss parierte er noch zwei weitere Penaltys. Nach Teuckes Parade brachen in der Eishalle alle Dämme: Konfettiregen, Pokalübergabe durch Ligenleiter Guntram Lüdemann, „We are the Champions“-Musik, dazu eine Lasershow. Die Fans stürmten zu „ihren“ Meistern aufs Eis und feierten mit Freibier den ersten Zweibrücker Titelgewinn. Die US-Amerikaner Tracy und McDonald analysierten das Match noch ganz nüchtern. „Druck habe ich beim letzten Penalty nicht gespürt. Als Spieler überlegst du dir vorher, was du machst. Das ging dann auf; mal hat man Glück, mal Pech“, gab Tracy bescheiden zu Protokoll. „Ich spiele seit meinem vierten Lebensjahr Eishockey. Da hab’ ich schon einiges erlebt.“ Torhüter Teucke hingegen waren die Emotionen mehr anzumerken: „Ich liebe Penalty-Schießen. Der größere Druck ist beim Schützen, als Torwart kann man nur gewinnen“, sagte er grinsend. „Beim Penalty von Sven Breiter dachte ich nur: Du jetzt nicht, den hol’ ich mir. So war’s dann ja auch.“ Hätte Breiter den vier Minuten vor Schluss zum 5:3 verwandelt, die Meisterschaft wäre wohl erst am kommenden Wochenende entschieden worden. Insgesamt sahen die umjubelten „Hornets“ einen Sieg des Willens. „Jeder hat heute alles rausgehauen. Nach einem 1:3 so zurückzukommen, ist bärenstark. Da ich heute keinen Herzinfarkt bekommen habe, bekomme ich hoffentlich nie einen“, beschrieb Trainer Tomas Vodicka seine Gefühle an der Bande während der 65 Spielminuten plus den zusätzlichen sechs Penaltys. „Jetzt wird gefeiert, bis die Schwarte kracht. Geplant haben wir nichts, das läuft jetzt ganz spontan.“ Mit den möglichen Feierlichkeiten im Hinterkopf hatte EHC-Spielleiter Hans-Georg Hähn den Spieltermin vom normalen „Heimspieltag“ Sonntag auf den Freitagabend verlegt: „So können die Jungs mal feiern, ohne am nächsten Tag arbeiten zu müssen. Das haben sie sich absolut verdient. Ich denke, das wird eine lange Nacht.“ Der Preis des coolsten Play-off-Bartes ging indes an den 70er-Jahre-Gedächtnisschnurrbart von Co-Trainer Lukas Srnka. „Die Mannschaft hat immer an sich geglaubt, das war entscheidend“, meinte er. Zugleich lobte er den mitfeiernden Ex-Trainer Martin Deßloch für sein vorherige Arbeit. „Martin hat den Weg eingeschlagen, Tommy und ich ihn fortgeführt.“ Noch lieber hätte Srnka als Spieler mitgefeiert, eine Knieverletzung zwang ihn aber schon im Januar zum Saisonende. „Die Spieler haben den Pokal geholt, nicht wir Trainer.“ „Das ist der größte Erfolg, seit ich Eishockey spiele“, jubelte auch „Hornissen“-Kapitän André Nunold. „In 30 Jahren hab’ ich sowas noch nicht erlebt. Wahnsinn! Und dann noch zu Hause vor unseren tollen Fans, was Schöneres kann man sich nicht vorstellen“, unterstrich er. „Die Nacht wird heute zum Tag.“ Eher still freute sich einer der größten EHC-Anhänger, der immer präsente Harald Kraft. Kraft sah alle 26 Saisonspiele, sowohl auswärts als auch zu Hause. Schon seit Jahren fehlt er bei keinem Match. „Für alle Spieler und Fans ist heute ein Traum in Erfüllung gegangen. Dieses Spiel war echt unglaublich“, konnte er den Sieg noch nicht recht fassen. Zwar enttäuscht, aber als fairer Verlierer erwies sich Heilbronns Trainer Sascha Bernhardt. „Glückwunsch an Zweibrücken. Die haben die Meisterschaft auch mal verdient“, bilanzierte er. „Es war eine tolle Finalserie, in der wir gerne ein drittes Spiel gehabt hätten. Wir hatten es mehrfach auf dem Schläger, aber das Spiel nicht zugemacht. Zweibrücken hat in den letzten Jahren stetig auf die Meisterschaft hingearbeitet. Nun greifen wir im nächsten Jahr aus der Verfolgerrolle neu an.“ Bilderseite Lokalausgabe

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