Homburg/Kusel Erlo Wagner: Träumerische Klaviermusik

Erlo Wagner spielt auf einem Acker auf dem Eulenkopf.
Erlo Wagner spielt auf einem Acker auf dem Eulenkopf.

Der in Kusel geborene und in Homburg lebende Pianist und Komponist Erlo Wagner hat seine zweite CD vorgelegt, die er an einem ganz besonderen Ort im Kreis Kusel aufgenommen hat. Klaviermusik pur – bis auf eine Ausnahme. Die verzeiht man ihm.

Eine glockenhelle Melodie schleicht sich ins Ohr. Sie klingt sehnsuchtsvoll, aber nicht passiv und treibt immer weiter. Sie wird wiederholt und variiert und dominiert alles. Dass sie trotz des glockenhellen Klangs, der wie ein Refrain wirkt, nicht ins Kitschige abrutscht, liegt auch an dem Tempo. Das ist nicht so gemächlich wie bei ähnlich gebauten romantischen Klavierstücken. Denn romantisch ist „Immer da für dich“, so der Titel des Stücks, natürlich schon. Eine verkappte Popballade, über die improvisiert wird.

Erlo Wagner, Pianist und Komponist aus Homburg, hält sich mit seiner zweiten CD „Piano Perspektive – die Welt aus der Sicht eines Klaviers“ (nach „Geschichten, die das Klavier erzählt“ von 2021) an einer ähnlichen Traumwelt fest wie auf der ersten. Doch diesmal klingt vieles mehr nach Filmmusik, obwohl sie keine ist. Das liegt daran, dass solche sanfte Melodien wie „Blick in die Ewigkeit“ durchaus im Hintergrund laufen können, aber nicht verschwimmen, sondern immer wieder aufblitzen.

Klangfarbensatter Sound

Beim „Morgenlied“ ist es wieder da, das helle plätschernde Moment, aber diesmal verschwindet es gleich wieder und macht Platz für einen klangfarbensatten Sound. Der zieht sich in mittleren Höhen quer durch den Raum und erinnert an Improvisationen zu Stummfilmen, zumal man einige Versatzstücke erkennt, vielleicht sogar erkennen soll.

Zwar haben die zehn Kompositionen auf der CD allesamt Titel, doch die vorwiegend neoromantischen Stücke entwickeln schnell ein Eigenleben. Was auch mit dem Video der CD zusammenhängen mag, und der Tatsache, wie und wo Wagner im Herbst gedreht und aufgenommen hat: allein auf weiter Flur.

Kurz und kurzweilig

Der Flügel stand auf einem großen abgeernteten Acker zwischen Waldmohr und Breitenbach. Wagner spielte vom Mittag bis zur Dämmerung. Allein die Landschaft und die Atmosphäre mag diesen leidenschaftlichen Pianisten und ausgebildeten Kirchenmusiker, der seinen Unterhalt in der Werbebranche verdient, zu neuen Ideen beflügelt haben.

„Wir hatten den Flügel, ein bisschen Sommerwind, eine wunderschöne Stimmung“, erzählt er von der Videoaufnahme. Dennoch geht die Freude am eigenen Spiel nicht mit ihm durch: Mit vier bis fünf Minuten sind die Stücke recht kurz – und vor allem kurzweilig. Weil immer wieder andere Klänge dominieren, mal warme, mal harte und strenge, sich mal alles wellenförmig, dann eher zögernd fortbewegt, bleiben seine Klavierträumereien in sanftem Moll doch sehr bodenständig.

Keine Gefühlsduselei

Wagners Werke sind originale Instrumentalstücke, eine Stimme würde die Atmosphäre zerstören, eine Orchestrierung dagegen wohl nicht, wie im letzten Stück „Air“ zu hören ist. Da kommen sanfte Geigen, Akzente setzende Flöten, der volle Orchesterklang und zum Schluss auch noch ein typischer Dampferton zum Einsatz, ohne dass all das die Melodie erdrückt.

Von der üblichen Gefühlsduselei, in die viele Komponisten verfallen, wenn sie Unterhaltungsmusik produzieren, ist der 1979 in Kusel geborene Musiker weit entfernt. Zu präzise und klar sind seine Einfälle. Was auch daran liegen mag, dass er als Pianist bei Hochzeiten und anderen Gelegenheiten gemerkt hat, was ankommt – vor allem bei denen, die nicht hinhören und die man erst einfangen muss. Das gelingt Erlo Wagner, auch wenn man sich mehr Ohrwürmer gewünscht hätte als den einen zu Beginn der CD.

Info

Erlo Wagner: „Piano Perspektive – die Welt aus der Sicht eines Klaviers“, elf Stücke, 45 Minuten, BTSP, bei den üblichen Downloadportalen und direkt unter erlowagner.de zu bekommen.

Erlo Wagner auf dem CD-Cover.
Erlo Wagner auf dem CD-Cover.
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