Zweibrücken „Erlkönig“ und „Ölkernig“

91-73740000.jpg

Schillers „Glocke“ in Kurzfassung. Goethes „Die Launen der Verliebten“ im Duett. Fontanes „Herr von Ribbeck“ im Theaterspiel. Dazu Anekdoten aus dem Leben der Dichter und Autoren. Die Senioren-Theaterwerkstatt der Stadt Zweibrücken begeisterte am Mittwochabend mit ihrer Lesung „An der Quelle saß der Knabe“ die etwa 50 Zuhörer im Kulturkeller des Jugendzentrums.

Gundi Schulz, Anette Lang, Inge Seebach und Günther Schneider gaben klassische Lyrik und Nonsens-Literatur zum Besten. „Altbekanntes aus der Schulzeit“ vor allem. Gedichte, die – auswendig zu lernen – zum Los vieler Schülergenerationen gehörte. „Dunkel war’s, der Mond schien helle“ als Sinnbild für besagte Nonsensliteratur machte den Anfang. Gefolgt von Werken von Marie Luise Kaschnitz, Friedrich Schiller, Johann Wolfgang Goethe, Eduard Mörike, Rainer Maria Rilke, Theodor Fontane und Wilhelm Busch. „Der Zauberlehrling“, „Wanderers Nachtlied“, „Der Handschuh“ der Dame Kunigunde. Das Publikum wurde mitgerissen von einer Erinnerung zur nächsten. Mehr als ein „Das kenne ich noch!“-Raunen ging durch den Raum. Denn wer erinnert sich nicht an den Erlkönig? „Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt!“ Oder an die Bürgschaft? „Was wolltest du mit dem Dolche? Sprich!“ Diesen Klassiker im modernen, „die Quintessenz wiedergebenden Gewand“ (Schneider) zu hören, sorgte für mehr als einen Lacher. Stellen Sie sich einfach mal vor, wie Damon zur Auslösung seines Freundes zurück nach Syrakus joggt, „um ihn herum kein Mensch, kein Schwein“ (Schneider). Diese modernen Kurzfassungen hat das Quartett selbst verfasst. Zu beinahe jedem Gedicht gehörte eine kurze Anekdote aus dem Leben des Verfassers. Da wünschte sich Heinrich Heine, dass seine Frau Mathilde noch einmal heiraten möge. Warum? „Ich möchte, dass wenigstens ein Mensch auf der ganzen Welt meinen Tod aufrichtig betrauert!“ Goethe tritt beiseite, um einen seiner Kritiker passieren zu lassen. Denn dieser weicht niemals einem Narren aus. Goethe aber sehr wohl. Nach der ersten Stunde folgte der zweite Teil des Abends mit Publikumsbeteiligung. Aus einem Hut zogen Gäste nach und nach ein Gedicht, das vorgetragen wurde. „Hund und Katze“ gaben sich die Ehre. Auf Schillers „Erlkönig“ folgte der „Ölkernig“, eine Parodie aus der Feder von Kaschnitz. Die haben die Senioren bei ihren Recherchen entdeckt. „Wer reitet so spät und fern von daheim? Das ist der Mazola mit seinem Keim.“ Bleibt am Ende nur festzustellen: „Da haben wir den Salat“. Nach zwei Stunden war der Ausflug durch die Jahrhunderte unter Applaus vorüber. Die Senioren-Theaterwerkstatt wurde 2009 von der Stadt Zweibrücken gegründet. Sechs Senioren gehörten zu Beginn dazu, mittlerweile sind es nur noch vier. „Der harte Kern“, wie Schneider feststellt. Jeden Freitag von 15 bis 17 Uhr treffen sich Schulz, Lang, Seebach und Schneider im Seniorenzentrum Bleicherstraße 8a. Dann planen, entwickeln und proben sie ihre Aufführungen. Das Spektrum reicht von Lesungen bis zum Schauspiel, die Programme werden zweimal im Jahr aufgeführt. Laut Schneider ist dabei „jeder willkommen, der mitmachen möchte“.

x