Zweibrücken Eine Sternennacht

1700 Besucher hatten sich trotz des schlechten Wetters am Mittwochabend zum Klassik Open Air Konzert der Festa Italiana auf dem Christian Weber Platz in Homburg eingefunden, teilweise mit Decken, Regenschirmen und Wetterumhängen. Die Stimmung litt aber nicht unter den unsommerlich kühlen Temperaturen, dafür sorgte das Homburger Sinfonieorchester unter Leitung von Jonathan Kaell zusammen mit Geigerin Lea Birringer, Sopranistin Sandra Moon und Tenor Harrie van der Plas unter dem Motto „Una notte romantica stellare – eine romantische Sternennacht“.

Mit den ersten Takten von Gioacchino Rossinis Ouvertüre zu seinem bekanntesten Werk, dem „Barbier von Sevilla“, entführte das Homburger Sinfonieorchester die leicht bibbernden Zuhörer mit spritzig-federnden Streicherklängen in die Welt der italienischen Oper. Schlank geführte melodische Klangbögen, die immer wieder in neckische Motive mündeten, und pulsierende Steigerungsprozesse prägten das Spiel des Orchesters und unterstrichen dank des zurückhaltenden Dirigats von Jonathan Kaell die subtile Komik und feinsinnige Ironie der Musik. Kompetent und unterhaltsam stellte Moderator Roland Kunz dann den Komponisten des nächsten Werkes vor, den italienischen Barockmeister und Priester Antonio Vivaldi, wegen seiner roten Haare auch „il prete rosso“ genannt. Im „Sommer“ aus seiner Suite „Die vier Jahreszeiten“ brillierte Geigerin Lea Birringer mit ihren satten und doch furios-geschmeidigen, glasklar intonierten Klängen, sich überstürzenden Tremoli und rasanten, sicheren Tempi, die die Ausdruckskraft ihres temperamentvollen Spiels betonten und Regen, Donner und prasselnden Regen hörbar werden ließen – während die Besucher zum Glück noch im Trockenen saßen. Verführerisch-kokett stellte sich Sandra Moon mit dem Walzer der Musetta aus Giacomo Puccinis beliebter Oper „La Boheme“ vor, mit kraftvollem und doch geschmeidig strömendem Sopran gewann sie zur fast kammermusikalisch-dezenten Begleitung des Homburger Sinfonieorchesters vielleicht nicht ihren Ex-Freund Marcello zurück, wohl aber viele Fans im Homburger Publikum. In gemäßigten Tempi und verhaltener Dynamik ließen Jonathan Kaell und sein Orchester den „Tanz der Stunden“ aus Amilcare Ponchiellis Oper „La Gioconda“ lebendig werden, helle kurze Streichermotive und akzentuierende knappe Schlussakkorde betonten die unterschwellige Spannung, über die die scheinbare Unbeschwertheit des Tanzes nicht hinwegtäuschen konnte, und mündeten in ein furioses Finale. Zu den Höhepunkten des Konzertes gehörte die Interpretation der Arie „Ch’ ella mi creda libero e lontano“ aus Puccinis Oper „Das Mädchen aus dem Goldenen Westen“: In Tönen, die richtig unter die Haut gingen, flehte Harrie van der Plas als gefangener Bandit mit metallischem Timbre seines schlank geführten Tenors und intensiver, zutiefst anrührender Gestaltungskraft gefasst darum, dass seine Geliebte niemals erfahren soll, wie er gestorben ist. Virtuose Belcantokunst zeigte er zusammen mit seiner Kollegin Sandra Moon in zwei Duetten aus den Verdi-Opern „Die Räuber“ und „La Traviata“. Den zweiten Teil des Abends dominierte Filmmusik von Nino Rota: Schunkelstimmung kam bei der Titelmelodie aus dem Fellini-Film „La Strada“ auf; farbig und spannend war der volle, satt-flutende Streicherklang des Homburger Sinfonieorchesters im Soundtrack zu Agatha Christies „Tod auf dem Nil“. Mitreißend war auch ein Auszug aus der Titelmelodie des Francis Ford Coppola-Films „Der Pate“. Musikalischen Humor und Fingerspitzengefühl bewies Violinistin Lea Birringer in Mario Castelnuovo-Tedescos „Figaro“-Variation für Streicher. „Das hat er geschrieben für den Fall, dass Figaro die Stimme verliert“, kommentierte Moderator Roland Kunz schmunzelnd. Harrie van der Plas begeisterte seine Fans mit zwei Highlights für Tenöre: der verzweifelten Abschiedsarie des zum Tode verurteilten Malers Cavaradossi aus Puccinis „Tosca“ und dem Volkslieder „Torna a Sorriento“; gemeinsam mit Sandra Moon sang er mit „O sole mio“ gegen den gegen Ende des Konzertes doch noch einsetzenden Nieselregen an. Zu den Zugaben gehörten auch Ennio Morricones spannendes Thema aus dem Klassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ und der Triumphmarsch aus Giuseppe Verdis Oper „Aida“. Die Zuhörer harrten unter Schirmen und Regenjacken weiter aus und applaudierten stürmisch. „Es hat mir sehr gut gefallen“, strahlte Cornelia Schneider, „vor allem die Musikauswahl. Und sie haben mit solcher Hingabe für das Publikum gespielt, nicht für sich selbst – darüber hab’ ich die Kälte ganz vergessen“. (knf)

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