Zweibrücken Ein Handball-Krimi via Ticker, Handy und SMS

Eppelborn/Zweibrücken. Kurz vor 21 Uhr am Samstag: Nachdem es zunächst niemand glauben konnte, die ersten Illtaler Spieler gratulierten, brachen in Eppelborn alle Dämme: Die Handballer des SV 64 Zweibrücken kehren direkt wieder in die Dritte Liga zurück, sicherten sich in einem Herzschlagfinale die RPS-Oberliga-Meisterschaft (wir berichteten). Zu Tränen gerührt war SV-Coach Stefan Bullacher. „Unfassbar, einfach unfassbar“, sagte der SV-Vorsitzende Klaus Wöschler.

Unfassbar war das meist gehörte Wort des Abends, der im Fernduell einen Handballkrimi geboten hatte. Der SV legte vor, gewann 30:27. Für 60 Minuten, das Spiel des Tabellenführers Haßloch in Budenheim war eine Stunde später angepfiffen worden, eroberte der SV sicher die Tabellenspitze. Dass es dabei bleiben würde, damit rechnete niemand. Die gute Saison wurde gefeiert, bedauert, dass es knapp nicht zur Meisterschaft reichen würde. Von wegen ... Ein bisschen quatschen und fachsimpeln. Die ersten Spieler gingen unter die Dusche. Manche standen vor der Halle, drinnen begannen die Aufräumarbeiten. SV 64-Hallensprecher Thomas Wolf ließ über den Computer den Live-Ticker laufen, den die TSG Haßloch eingerichtet hatte. Kathrin, die Schwägerin von Thomas, Benni und Nadine Zellmer – Zellmer-Bruder Andreas spielt in Haßloch – informierte via Handy. Haßloch legte vor. Der Glaube an den Titelgewinn kam nicht auf. 15:13 für Haßloch zur Halbzeit. Die ersten SVler waren geduscht. Manche standen vor der Halle, manche noch ungeduscht auf der Galerie. Mit Blick auf den Ticker, der einen Haßlocher Vorsprung beim 21:17 vermeldete, merkte Hallensprecher Thomas Wolf an: „Das war es.“ Nach Pressekonferenz und Fernseh-Interview gesellte sich Trainer Stefan Bullacher zur kleinen Plauderrunde, via Handy mit Budenheim verbunden. Immer noch entspannt, bis es plötzlich hieß: 21:21. Geht doch noch was? Hoffnung wollte keiner zulassen, auch wenn Axel Schneider, Budenheims Trainer, Bullacher im Vorfeld versprochen hatte: „Wir machen das.“ Augenblicke später lag Haßloch wieder 23:21 vorne. 20.35 Uhr vermeldete die Uhr in Eppelborn. „Ach je, wie lange spielen die denn noch?“, fragte sich Thomas Wolf, der Ticker lief ohne Spielzeit. „Das war es jetzt endgültig“ wurde gemutmaßt, als der 26:24-Vorsprung Haßlochs und eine Rote Karte für Budenheim vermeldet wurden. Denkste. Jetzt wurde es spannend. 25:27, 27:27 und dann: 28:27 für Budenheim. „Alleweil werd’ ich verrückt“, hielt es Wolf nicht mehr auf der Bank. Bullacher sprang auf, rief Aris Wöschler zu: „Aris, Budenheim eins vor“. „Was, was ...?“ Wöschler stutzte, der Kameramann vom Fernsehen erfasste die Situation, nahm den Live-Ticker ins Visier. Da verabschiedete sich der Akku des Computers Sekunden vor Abpfiff des Spiels in Budenheim. Es wurde aufs Handy gestarrt: nix Neues im Rheinhessischen. Dann brachen vor der Halle die Dämme. Via Handy erhielt Schiedsrichter Michael Weyrich, der die Partie in Eppelborn gepfiffen hatte, die Bestätigung: ein Bild von der Anzeigentafel in Budenheim. 29:27, Endstand! SV-Abteilungsleiter Christian Gauf musste sich auf den Boden legen. „Sonst hätte ich einen Kreislaufkollaps erlitten“, sagte er später. Der SV 64 hatte es geschafft, wurde auf der Zielgeraden noch Oberliga-Meister. Die Bestätigung ging in die Halle. „Bulli, es ist aus, der Schiri hat es.“ Dann bestätigte die RHEINPFALZ ebenfalls aus Budenheim: „Zweibrücken ist Meister.“ Es war der Auftakt zur großen Party. „Budenheim, Budenheim“, skandierten die SV-Spieler. Es flossen Tränen, wurde geküsst, geherzt, im „Callis“, dem Vereinsheim des SV 64, die Nacht zum Tage gemacht. Bänderriss? Egal, Kubo Balaz tanzte. Als Torwart Ladislav Kovacin ins „Callis“ kam, feierten ihn alle laut singend: „Ladi, Ladi, Ladi oh“. „Unfassbar, unfassbar, ich kann es noch gar nicht richtig glauben“, war immer wieder zu hören. „Perfekt“, meinte SV-Spieler Marian Müller zum Abschluss seiner Karriere, an dem musikalisch neben dem Rap „Achtung, die Löwen kommen“ natürlich auch nicht „Tage wie diese“ von den Toten Hosen fehlen durfte.

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