Zweibrücken Der Film: „Papier, Stift, Kaffee und Zigarren. Der Dichter Johannes Kühn“

Selbst Peter Handke lebt nicht so ungewöhnlich wie Johannes Kühn, der Saarländer. Kühn, 84 Jahre alt, ist der große Unbekannte. Selbst viele Saarländer kennen ihn nicht, obwohl er nie woanders lebte. Dabei ist er der größte saarländische Dichter. Ausländer nennen Kühn in einem Atemzug mit Hölderlin (und tatsächlich bekam er 2004 den Hölderlin-Preis). Er ist Lyriker. Aber kein Heimatdichter – obwohl er in seiner Heimat verwurzelt ist wie kaum ein anderer. Das zeigt dieser einfühlsame Dokumentarfilm von Gabi Heleen Bollinger. Der Sohn eines Bergarbeiters lebt immer noch in Hasborn, wo er auch aufgewachsen ist. Im Haus seiner Schwester. Der Wald ist nah, die Hügel, die Felder, die Dorfkneipe. Die Idylle. All das zeigt dieses Porträt, das dieselbe Ruhe ausstrahlt wie der Dichter, wenn er in der Kneipe sitzt. „Ich finde jeden Tag Leute hier und bin nicht vereinsamt, was ich sonst teilweise in meinem Leben gewesen bin. Ich bin hier unter Freunden und unter Feinden – ganz wie es kommt.“ Fast jeden Tag geht Kühn in die Kneipe, um seinem Freund und Herausgeber die Gedichte zu zeigen, die er ein paar Stunden vorher geschrieben hat. Benno Rech, der Germanist, sein Freund, erkannte schon als Schüler Kühns Talent und schrieb seinen Abituraufsatz über ihn. 22 Lyrikbände Kühns hat er herausgegeben. „Ich brauche Papier, Stift, Kaffee und Zigarren und Natur“, erklärt Kühn. Der Mann mit dem etwas plumpen Körper spricht langsam, ein bisschen nuschelig. Man erfährt, dass er in jungen Jahren als Bauarbeiter in der Firma des Bruders arbeitete, um Geld zu verdienen. Seit Mitte der 70er Jahre macht er nichts außer Gedichte zu schreiben. Es sind Tausende. Bekannt wurde Kühn durch einen Freund: Ludwig Harig (1927-2018), der ihn Michael Krüger vom Hanser-Verlag vorstelle. Der verlegte 1989 den Band, der Kühn den internationalen Durchbruch brachte: „Ich Winkelgast“. Krüger und Jean-Pierre Lefebvre (geboren in Zweibrückens Partnerstadt Boulogne-sur-mer), der viele Verse ins Französische übersetzte, loben die Sprachgewalt Kühns. Kühn selbst ist dazu viel zu bescheiden. „Was soll ich als alter Mann ein rauschendes Leben führen wollen? Ich habe nicht das Geld dazu und die große Spannweite einer solchen Lebensform nie gehabt. So ist das Zurückgezogene Leben ein Vorteil für das Dichten.“ Das zeigt sich in den Bildern vom Wald, dem Gartenhaus und dem Dorf (Kamera: Klaus Hennrich, Schnitt: Hansi Jüngling). Sie sind so poetisch wie die Verse von Johannes Kühn, die Gabi Heleen Bollinger als zartes Band über die Bilder legt. Heute —Premiere: heute, 19 Uhr Hasborn, Kulturhalle, Parkstraße 7-9 Der Eintritt ist frei. Nach der Vorführung: Gesprächsrunde mit Johannes Kühn, Irmgard und Benno Rech, und Gabi Heleen Bollinger, Moderation: Peter König, SR. —Fernsehen: Sonntag, 6. Januar, 18.45 Uhr SR-Fernsehen.

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