Zweibrücken „Das ist schon grauenhaft“

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Der Liedermacher Hannes Wader kommt morgen, Donnerstag, in die Pirmasenser Festhalle. Das Konzert ist ausverkauft. Viele seiner Lieder sind Allgemeingut geworden. Wer kennt nicht „Heute hier, morgen dort“, mit dem Wader seit 45 Jahren jedes Konzert beginnt? Über seine Musik sprach Hannes Wader mit unserem Redakteur Christian Hanelt.

Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Pirmasenser Sangeskollegen Hein und Oss Kröher?

Selbstverständlich. Die beiden haben sich auch schon als Gäste angemeldet, worauf ich mich sehr freue. Wir treffen uns auch immer mal wieder privat – mal beim Oskar oder mal beim Heiner, oder wir gehen zusammen in Weißenburg essen. Von Oss Kröher ist gerade der vierte Teil seiner Autobiografie erschienen. Haben Sie die schon gelesen? Ja, die habe ich bekommen, worüber ich mich sehr gefreut habe – auch weil ich darin erwähnt werde, was ich gleich nachgeschlagen habe. Auch sonst ist das Buch hochinteressant. Warum haben Sie selbst noch keine Biografie geschrieben? Ich habe schon mehrere Ansätze gemacht. Wobei es mir angenehm gewesen wäre, wenn jemand auf mich zugekommen wäre und gesagt hätte, „du erzählst mir, und ich schreibe es auf“. Aber das hat nie hingehauen, obwohl es zum Teil sehr fähige Leute waren. Ich müsste das Buch also selbst schreiben, aber dazu komme ich nicht. Deshalb müssen wir noch zehn oder 20 Jahre warten, bis so etwas vielleicht einmal herauskommt. Sie sind jetzt 73. Haben Sie schon mal daran gedacht, in Rente zu gehen? Hein und Oss sind da für mich vorbildlich. Das ermutigt mich, auch weiterzumachen. Es macht mir ja noch Freude, und ich kann es mir einfach nicht vorstellen aufzuhören. Vielleicht wird es ein bisschen weniger, wenn ich die 75 überschritten habe. Aber ich würde schon gerne noch ein bisschen weitermachen. Sie sind noch überaus produktiv, bringen fast jedes Jahr eine CD heraus. Momentan bin ich sogar produktiver als früher. Ich habe vor den Alben „Nah dran“ und „Sing“ sechs Jahre lang keine CD mehr gemacht. Doch jetzt kommt eine nach der anderen. Ich habe gerade eine sehr produktive Phase. Warum – weiß ich nicht. Ich bin dafür dankbar, dass es so ist. Wie schreiben Sie Ihre Lieder? Wenn ich eine inhaltliche Idee habe, setze ich mich hin und warte einen günstigen Moment ab, bis mir etwas dazu einfällt. Die Gitarre habe ich dann aber schon neben mir, damit ich möglichst gleichzeitig komponieren und schreiben kann. Dann habe ich auch das Gefühl, dass alles zusammenpasst. Gibt es Lieder, die Sie heute nicht mehr singen würden? Ja. Die gibt es natürlich, aber das sind nur ganz wenige Lieder. Und auch die wechseln merkwürdigerweise immer wieder, weil sich ja auch die Zeiten ändern. Es kommt mir manchmal vor, als wenn, was gesellschaftliche Ereignisse betrifft, eine Zeitkrümmung existiert und dass alles irgendwie in einer veränderten Form einmal wiederkommt. Das ist mir in Bezug auf meine Lieder schon oft passiert. So denke ich jetzt darüber nach, ob ich nicht die „Internationale“, die ich seit 40 Jahren nicht mehr gesungen habe, wieder auf die Bühne bringe. Der Neonazi-Liedermacher Frank Rennicke hat ihr Lied „Es ist an der Zeit“ unverändert nachgesungen. Haben Sie dadurch einen anderen Blick auf dieses Lied bekommen? Ich trete natürlich nicht davon zurück. Das Lied war von Anfang an ein Friedenslied, und das ist auch deutlich hörbar. Aber wenn es plötzlich ein Neonazi aufgreift, ohne ein Wort zu verändern, kommt man schon ins Grübeln. Da wird es einem schwindlig, dass so etwas möglich ist, dass dieses Klientel der Rechtsradikalen plötzlich das Lied aufgreift und sich inhaltlich darin wiederfindet. Das ist schon grauenhaft. Sie gelten als politischer Liedermacher, haben aber einmal gesagt, es sei eine Strafarbeit, sich mit Politik zu befassen. Wie passt das zusammen? Das ist schon ein bisschen übertrieben gewesen. Das gilt insofern, als dahinter Erwartungen stehen und ich noch nie gerne Erwartungen entsprochen habe. Politisches Lied ist ein Etikett, genau wie Schlager ein Etikett ist. Ich mache mir schon lange keine Gedanken mehr darüber, ob ein Lied den Kriterien eines politischen Liedes entspricht. Es kommt auf die Stimmung an. Lieder schreibt man nicht nach Themen. Ich sammele meine Ideen, und dann schreibe ich meine Lieder – fertig. Und ob das nun politisch ist oder nicht, ist mir egal. Können Lieder etwas verändern? Ich meine nein. Ich war nie der Ansicht, dass sie das können. Lieder können politische oder gesellschaftliche Entwicklungen begleiten und ihnen eine Kultur geben, dass alle, die in dieser Richtung denken, handeln oder fühlen, sagen, „ja, das drückt das aus“. So kann eine Bewegung noch einmal verstärkt werden. Was singen Sie in der Küche? Das sind meistens Lieder, die ich nicht öffentlich singe. Da singe ich sogar manchmal alte Schlager. Und ich singe Opern-Arien, wenn keiner zuhört.

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