Zweibrücken Chance für 30 Langzeitarbeitslose

Rund 1650 erwerbsfähige, aber arbeitslose Zweibrücker sind Kunden beim Jobcenter in der Landauer Straße.
Rund 1650 erwerbsfähige, aber arbeitslose Zweibrücker sind Kunden beim Jobcenter in der Landauer Straße. Foto: cps

Das seit Januar geltende Teilhabe-Chancengesetz zieht in Zweibrücken. Man habe gehofft, 15 Langzeitarbeitslose in Arbeit bringen zu können, sagt die Geschäftsführerin des Jobcenters, Birgit Heintz, „es sind jetzt aber 30 Menschen mit Perspektive. Ein großer Erfolg“.

Heintz, seit zwei Jahren Geschäftsführerin der von Stadt und Agentur für Arbeit gemeinsam getragenen Einrichtung zur sozialen Grundsicherung und Arbeitsvermittlung, sieht viele Weichen richtig gestellt. 2018 hätten auch die Kunden des Jobcenters – in der Regel Langzeitarbeitslose oder nach nur kurzer Arbeitszeit wieder aus der Arbeitslosenversicherung Herausgefallene – von dem historisch guten Arbeitsmarkt profitiert. „Wir konnten 460 Erwerbsfähige in Arbeit bringen. Alle Alters- und Sozialgruppen haben profitiert, auch ältere Arbeitslose über 50“, berichtet Heintz von einer nie da gewesenen Dynamik. Der Monatsbericht September der Agentur für Arbeit wies für Zweibrücken 653 vermittelbare Frauen und Männer aus. Im September 2018, vor einem Jahr also, waren es sogar nur 606. Erste Bremsspuren am Arbeitsmarkt, begründet mit der Absatzkrise der Automobilhersteller, Brexit-Ängsten und politisch heraufbeschworenen Handelsstreitigkeiten, etwa USA-China oder USA-Europa, schlügen seit dem Frühjahr aber bis aufs Jobcenter in der Landauer Straße durch. „Unsere Kunden sind ja oft Ungelernte, Hilfskräfte. Seit März beobachten wir, dass Betriebe etwa Lagermitarbeiter bei Personaldienstleistern abbestellen und die Menschen dann wieder bald bei uns vorstellig werden“, kann die Geschäftsführerin die These von der Eintrübung am Arbeitsmarkt bestätigen. Die „gute Phase“ sei aber wichtig gewesen, weil Menschen wieder Hoffnung geschöpft, Erfolge gesehen hätten. Sie habe Langzeitarbeitslose vorm Auge, bei denen „nach fünf Jahren der Knoten geplatzt“ sei.

Gut 1000 sind dem Arbeitsmarkt fern

Das Teilhabe-Chancengesetz, seit Januar bundesweit geltend, sei ein hauseigenes Instrument, das den guten Beispielen folgen könne. Das Gesetz fördert speziell die Arbeitsaufnahme von lange Arbeitslosen. Wer mindestens sechs Jahre nicht zu vermitteln war, kann nun über fünf Jahre unterstützt werden. Heißt: Ein Arbeitgeber, der einen sozialversicherungspflichtigen Job anbietet, bekommt über zwei Jahre die Arbeitskraft „umsonst“ – das Jobcenter übernimmt zu 100 Prozent die Kosten. Der Arbeitgeber muss die betriebliche Organisation übernehmen, Personal des Jobcenters – drei Mitarbeiter – übernehmen über die ganze Vertragslaufzeit die Betreuung der Wiedereinsteiger. „Das Coaching ist ungemein wichtig. Viele mit der Zeit aufkommende Probleme können gelöst werden“, sagt Heintz. Einige wenige Abbrecher will sie nicht verschweigen. Die ganz überwiegende Mehrheit erfahre aber das Erfolgserlebnis, jetzt mehr als ein halbes Jahr in regulärer Arbeit zu sein – und wieder eine Perspektive für sich zu sehen. Die Spedition Gillner habe als erste einen Job zu Verfügung gestellt. Die Referenz sei richtig gut, so die Geschäftsführerin des Jobcenters.

Erfolge des Förderns durch Fordern hebt Heintz hoch. Auch wenn sie sagt: Zwei Drittel der Kunden des Jobcenters seien „Arbeitsmarkt fern“. Sprich: hätten nicht die Perspektive, im nächsten halben Jahr in Arbeit zu kommen. Mit ihnen heiße es, hartnäckig zu arbeiten, Hemmnisse – Krankheiten, auch Drogenkonsum, Überschuldungskarrieren, anderes – spielten eine Rolle. Seit zwei Jahren setzt das Jobcenter auch wieder auf Arbeitsgelegenheiten, die sogenannten Ein-Euro-Jobs. Acht sind es aktuell. Partner etwa ist der städtische Umweltbetrieb. Die Tätigkeiten dort seien sinnstiftend, nicht nutzlos, auf jeden Fall eine Einübung eines geregelten Tagesablaufs, sagt Heintz.

43 Mitarbeiter des Jobcenters – 37 sind Mitarbeiterinnen – betreuen rund 1650 erwerbsfähige „Hartz-IV“-Bezieher in der Stadt. Dass rund 1000 nicht direkt vermittelbar seien, liege an einem Strauß von Vermittlungshemmnissen. Den beschriebenen, aber etwa auch ungeklärten Betreuungssituationen. 180 etwa sind Alleinerziehende. Heintz wünscht sich von der einen oder dem anderen mehr Eigeninitiative, wenn es darum gehe, sich ein soziales Netzwerk aufzubauen. Dem Aspekt des Forderns müsse man nicht häufig, aber doch mit der Verhängung von Sanktionen nachhelfen. Etwa 70 Kunden wurden zuletzt die Leistungen gekürzt. „Wir machen das nicht gerne, aber oft ist es das Mittel, das zieht“, sagt Birgit Heintz.

Verwaltet einen Jahresetat von mehr als vier Millionen Euro: Jobcenter-Geschäftsführerin Birgit Heintz.
Verwaltet einen Jahresetat von mehr als vier Millionen Euro: Jobcenter-Geschäftsführerin Birgit Heintz. Foto: cps
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