Zweibrücken Aus Asche rausholen, was rauszuholen ist

Mit der Anlage in Mörsbach will die Mitteldeutsche Schlackenunion (MDSU) einen neuen Maßstab für die Verwertung von Schlacke aus der Müllverbrennung setzen. Die MDSU betreibt in Reesen in Sachsen-Anhalt eine Pilotanlage. In Zweibrücken soll noch in diesem Jahr mit dem Bau einer ähnlichen Anlage begonnen werden . Die MDSU verspricht, mit dem neuen Verfahren zwei Ziele zu erreichen: Erstens will sie restlos alle Metalle aus der Asche holen. Zweitens soll die Schlacke hinterher so sauber sein, dass sie nicht mehr deponiert werden muss, sondern im Straßenbau verwendet werden kann. Die Technik für die Zweibrücker Anlage wird die gleiche sein wie in Reesen, wo auf einer Deponie in einer 250 Meter langen Halle die Förderbänder, Siebe, Steinmühlen und die Waschanlage für die Schlacke stehen. 400 000 Tonnen Schlacke aus Müllverbrennungsanlagen (MVA) in Magdeburg, Hannover, Stapelfeld und Premnitz werden hier im Landkreis Jerichower Land verarbeitet. André Hartl, Geschäftsführer der MDSU, ist begeistert von dem neuen Verfahren, das hier seit Anfang 2012 angewandt wird. Zusammen mit dem Bundesamt für Materialprüfung (BAM) habe die MDSU eine Schlackenaufbereitung entwickelt, die weit mehr könne als die herkömmlichen Verfahren, verspricht der MDSU-Geschäftsführer. „Normalerweise wird die Schlacke ein bisschen entschrottet und gesiebt. Das war es dann. Wir können da viel mehr.“ Die normale Entschrottung mittels starker Magnete und Siebe gibt es auch in der Anlage in Reesen, aber nur noch als Vorstufe für die eigentliche Wäsche, die aus der Schlacke auch das letzte Körnchen Aluminium oder Kupfer rausholen soll. „Mit der Wäsche trennen wir die Feinststoffe ab“, erklärt Hartl einen weiteren Unterschied zur normalen Schlackenaufbereitung. Diese Feinststoffe landen dann in einer Art Kläranlage, wo sie als Filterkuchen ausgepresst und deponiert oder sonst verwendet werden können. Die Schlacke selbst wirkt nach der Behandlung durch das MDSU-Verfahren ganz anders als herkömmliche Schlacke. Der ursprüngliche Müll ist erkennbar, Kachelfetzen oder andere nichtbrennbare Teile sind sauber gewaschen und nicht von dem üblichen grauen Staub überdeckt. Durch die Wäsche könne die MDSU die strengen Standards für die Verwendung im Straßenbau einhalten, hofft Hartl. „Das hat sonst keiner.“ Die Zulassung durch die BAM sei derzeit in Arbeit. „Es sieht gut aus für uns.“ Andere Behörden wie das Umweltbundesamt seien ebenfalls beteiligt. „Dort ist man begeistert.“ Durch die Verwendung von Schlacke im Straßenbau könnten Natursteingranulate oder Natursteinschotter eingespart werden, verspricht Hartl. Zudem werde Deponievolumen gespart. „Wir schonen die Ressource Naturstein.“ Hartl strebt mit seinem MDSU-Schlackenschotter aber nicht nur die sonst übliche Verwendung als Frostschutzschicht an. „Wir wollen auch im Asphalt und in der Betonindustrie unterkommen.“ Die Tragschicht von Straßen könne mit entsprechend feinen Schlackenfraktionen auch bestückt werden, womit sich der künftig in Zweibrücken produzierten Schlacke riesige Absatzmärkte erschließen würden. Weil momentan noch nicht zugelassen, wandert die in Reesen verarbeitete Schlacke noch auf die Deponie. Für die Nichteisenmetalle ist die Wäsche auch von Vorteil, erklärt Hartl und holt von dem Förderband, das abgeschiedenes Alumium oder Zink zu einem Container leitet, ein fast perfekt erhaltenes Zwei-Euro-Stück raus. „Was die Leute so wegwerfen.“ Von den Bierdeckeln könne man noch die Schrift lesen. „Im Prinzip geht da nichts mehr verloren.“ Ein zweiter entscheidender Unterschied zu herkömmlichen Aufbereitungsverfahren ist die sofortige Verarbeitung der Schlacke in Reesen. Normalerweise müsse MVA-Schlacke erst mal drei Monate liegen bleiben, damit auch der letzte Rest an reaktionsfähigem Material nicht mehr aktiv ist, erklärt Arne Heußner, Betriebsleiter der Reesener Anlage, der auch den Aufbau der Zweibrücker Anlage mitbetreuen wird. Die Reaktionen sind teilweise Gärungen oder chemische Aktivitäten, die in einer Deponie zu unerwünschten Gasen und Volumenveränderungen führen würden. In Reesen wandert die Schlacke sofort vom Müll-Ofen auf die Förderbänder zu den Sieben und Magneten, da durch die Wäsche das Reaktionsvermögen der Schlacke auf null gesetzt wird. „Je früher man die Schlacke verarbeitet, umso mehr kann man an Metallen noch rausholen“, erklärt Heußner, ein gelernter Hydrogeologe, der neben der Aufbereitungsanlage noch den Aufbau einer Schlackendeponie in Reesen betreut. Für die Entwicklung des in Zweibrücken verwendeten Verfahrens habe die MDSU einiges an Arbeit investiert, meint Heußner. Die Abscheider für Nichtmetalle mussten besonders ausjustiert werden. Die Menge an Wasser und dessen Beschaffenheit wurde getestet und zusammen mit Verweildauer, Bandgeschwindigkeiten und Siebgrößen ein eng aufeinander abgestimmtes System an Förderbändern, Wäschern, Sieben und Abscheider installiert, das in Reesen in zwei Schichten von 6 Uhr morgens bis 22 Uhr abends ununterbrochen läuft. Probleme mit der rund 1500 Meter entfernten Gemeinde Reesen gebe es nicht. Im Gegenteil: Dort sei man froh über den Betrieb mit seinen 22 Arbeitsplätzen. Dazu habe mit Sicherheit auch die offene Unternehmenspolitik beigetragen. „Wir haben frühzeitig mit den Leuten hier geredet“, so Heußner. Für die Zweibrücker Anlage kündigt der Betriebsleiter eine komplett geschlossene Halle an, in der die Grobaufbereitung laufe und die Nassaufbereitung noch mal zusätzlich in einer Halle in der Halle untergebracht werde. „Im Winter haben wir sonst Probleme mit Frost.“ Emissionen an Staub oder Lärm werden somit für die Mörsbacher keine Probleme machen, verspricht MDSU-Geschäftsführer Hartl.

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