Zweibrücken Zweibrücken: So wohnen Obdachlose und Hartz-IV-Empfänger

William Charles Patterson bezieht Hartz IV. Wie die Stadt ihn unterbringt, findet er „menschenunwürdig“. Derzeit leben fünf Mens
William Charles Patterson bezieht Hartz IV. Wie die Stadt ihn unterbringt, findet er »menschenunwürdig«. Derzeit leben fünf Menschen in der Drei-Zimmer-Wohnung.

Nach Hause kommen, die Tür zumachen, die Welt draußen lassen: Gar nicht so einfach, wenn man keine richtige Tür hat und das Zuhause eine sogenannte Schlichtwohnung ist, in der es nicht mal eine Dusche gibt. Ein Besuch in der Webenheimstraße, wo die Stadt Hartz-IV-Empfänger und Obdachlose unterbringt.

William Charles Patterson mag ziemlich weit unten sein, aber es ist ihm längst nicht alles egal. „Ich hab’ ’ne Schlabberhose an, und aufgeräumt ist auch nicht“, gibt er zu. „Aber kommt ruhig rein“, empfängt er den unangekündigten Besuch von der Zeitung.

Zusammengewürfelte Wohngemeinschaft

Seit etwa vier Monaten wohnt Patterson in der Webenheimstraße 3 und ist stolz auf das, was er dort angehäuft hat. Die Stadt habe lediglich den Holzofen gestellt. Der Herd, auf dem die Reste vom Dienstag stehen (Nudeln und Gulasch), die Brotschneidemaschine, der Wasserkocher: Alles selbst organisiert, etwa beim Kinderschutzbund gekauft. „Man muss gucken, wie man hier zum Leben kommt“, sagt er. Beim Kinderschutzbund holen er und seine Verlobte auch wöchentlich Lebensmittel. Sie beziehen Hartz IV. Laut Patterson zahlt die unfreiwillig zusammengewürfelte Wohngemeinschaft − er, seine Freundin und drei weitere Mitbewohner − an die 250 Euro monatlich für Strom. Zwar hängen Heizkörper an der Wand, doch kommt die Wärme an diesem eisigen Morgen aus einem Heizlüfter. Der hing eigentlich im Bad, doch im Wohn-/Schlafzimmer braucht Patterson „den kleinen Stromfresser“ dringender. Es zieht. In der Drei-Zimmer-Wohnung sieht es, verglichen mit dem Rest des Wohnblocks, einigermaßen ordentlich aus. Das mag an der Mitbewohnerin liegen. Für sie, aber auch für sich, wünscht sich Patterson ein richtiges Bad mit Dusche oder Badewanne, nicht nur mit Waschbecken und Schimmel. Im April, erzählt der frühere Soldat, hat das Paar Aussicht auf eine andere Drei-Zimmer-Wohnung in der Stadt. „Ein bisschen Country-Musik, eine Badewanne, dann kannst du mich den Rest des Tages vergessen. Ich würde mich einweichen lassen“, sehnt er sich nach einem Bad.

Wolfsloch-Wirklichkeit

Doch bis dahin herrscht noch Wolfsloch-Wirklichkeit. Wie die Stadt hier Leute unterbringt, nennt Patterson „menschenunwürdig“. Am meisten macht ihm zu schaffen, dass die Wohnungstür nicht schließt. Deshalb stellt er nachts eine Leiter von innen dagegen. „Hier im Haus ist manchmal Halligalli-Drecksau-Party, da geht’s richtig ab.“ Chaos und Dreck im Flur lassen erahnen: Es sind nicht unbedingt schöne Feste. Mehrere Türen sind hinüber, auch die Zargen. „Unterstes Niveau − traurig, aber so ist es“, sagt der zierliche Mann. Auf den Türen im Haus kleben Zettel mit ausländischen, aber auch mit deutschen Namen, auch mal ein Behördensiegel. Mehrere verlassene Wohnungen sind zugemüllt, ungeöffnete Briefe liegen herum, Kleider und Klobrillen. „Feck Deine Motar“ steht an der fleckigen Wand. Im Keller hat jemand Fahrradreifen in die eine, eingeschlagene Flachbildfernseher in die andere Ecke geschmissen. Da stehen Waschmaschinen und andere ausrangierte Geräte, überall liegen Lumpen, Papier, Dreck.

Tür braucht ein Schloss

„Hier ist ein ständiges Kommen und Gehen“, sagt Patterson, in doppelter Hinsicht: In der Wohnung, in der die Stadt immer mal wieder Fremde einquartiert („Der eine kommt abends heim und ist völlig besoffen“), und im ganzen Haus, wo niemand so recht weiß, wer hier alles wohnt. „Bei uns wollte auch schon einer einsteigen. Dann stand ich nachts da, mit dem Messer in der Hand“, sagt Patterson. Deshalb drängt er darauf, dass die Tür wieder ein Schloss bekommt. Aber der zuständige Mann vom Sozialamt sei schwer zu erreichen, lasse sich nie blicken. Der Zweibrücker mit amerikanischen Wurzeln sitzt auf der Couch, nippt am Kaffee. „Wir haben gestern ein bisschen gefeiert“, entschuldigt er den Tetrapak mit lieblichem Weißwein auf dem Tisch. Alkohol und Zigaretten gehören zu diesem Leben dazu, das früher anders war. Er arbeitete unter anderem als Modelltischler und Schlosser, zuletzt bei den Amerikanern. Irgendwann der Bruch: „Mein Leben war zu Ende.“ Haus verloren, Tochter tödlich verunglückt, Scheidung: Die Stichwörter lassen erahnen, wie es abwärts ging. Geht’s noch mal aufwärts? „Ich hoffe es.“

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