Kreis Südwestpfalz Zunächst abwegige Geschichte aufgetischt

Wegen schweren sexuellen Missbrauchs an seiner zehnjährigen Stieftochter muss sich seit gestern ein 49-Jähriger aus Kaiserslautern vor der Strafkammer des Lauterer Landgerichts verantworten. Zunächst präsentierte der Angeklagte dem Gericht eine ziemlich abwegige Geschichte, um seine Straftaten zu vertuschen. Erst nach deutlichen Ermahnungen des Vorsitzenden Richters räumte der Mann die Vorwürfe schließlich ein.

Er nannte es „ein spannendes Spiel“, und er „spielte“ es nach Ansicht der Anklage mindestens acht Mal allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres. Immer wieder mit seiner damals knapp zehnjährigen Stieftochter, meistens in der Toilette oder im Schlafzimmer der gemeinsamen Wohnung. Die „Spielregeln“: Die Augen des Mädchens wurden mit einem Schal verbunden, ihren Mund sollte sie hingegen weit öffnen. Anschließend durfte sie den sogenannten „Geschmackstest“ machen. Dafür wurden ihr nach den Erläuterungen ihres Stiefvaters entweder Gurken, Möhren oder Fleischwurst-Abschnitte in den Mund geschoben. „Und zwar so tief, bis ich beinahe würgen musste,“ berichtete das Kind später einer Polizistin. Dass es sich in Wirklichkeit jedes Mal um den Penis ihres Stiefvaters handelte, blieb auch dem Mädchen nicht gänzlich verborgen. Doch auf ihre Frage, warum denn die Gurken und Karotten „so komisch warm“ seien, wusste ihr Erziehungsberechtigter eine Antwort: Er habe die Sachen vorher in warmes Wasser gesteckt, damit sie besser schmeckten. Und auch für die Tatsache, dass sich die Stieftochter nach jeder Prozedur den Mund mit „so einer Art Minze-Wasser“ ausspülen musste, gab es eine Erklärung. Nur eben nicht die wahre: Der Mann litt zu dieser Zeit nämlich bereits an einer ansteckenden Geschlechtskrankheit, die er angeblich „aus Scham“ nicht entsprechend medizinisch behandeln ließ. Dieses gebrochene Verhältnis zur Wahrheit legte der 49-Jährige gestern zunächst auch vor der Strafkammer des Kaiserslauterer Landgerichts an den Tag. Wieder erzählte er seine Geschichte von dem angeblichen „Geschmackstest“, den er bereits vor rund einem halben Jahr den Vernehmern der Kaiserslauterer Polizei und der Staatsanwaltschaft aufgetischt hatte. Die hatten ihm schon kein Wort geglaubt, nachdem sie auch mit dem Kind gesprochen hatten, und sofort einen Haftbefehl für den Mann beantragt. Aber gestern war die Geduld des Vorsitzenden Richters noch kürzer: „Wir reden hier über eine schwere Straftat, die mit einer Mindeststrafe von zwei Jahren pro Einzelfall bewehrt ist. Ich belehre Sie jetzt darüber, dass sich ein umfassendes Geständnis günstig auf das zu erwartende Strafmaß auswirken könnte.“ Zehn Minuten später war das Leugnen des Mannes vorbei. „Mein Mandant gibt alle Taten in vollem Umfang zu,“ erklärte sein Pflichtverteidiger, „und er bedauert sie sehr“. „Dann können wir uns ja die Vorführung der Video-Aufnahmen von der Vernehmung der Geschädigten hier im Gerichtssaal ersparen“, lautete die offenbar erleichterte Antwort des Vorsitzenden. Doch damit war es schon wenige Minuten später vorbei: Unterbrochen von zahlreichen Pausen schilderte die Mutter des Mädchens, unter welchen Umständen sie damals hinter den sexuellen Missbrauch des Kindes durch ihren zweiten Ehemann gekommen war. „Ich war im ersten Moment wie eingefroren“, erinnerte sich die Frau unter Tränen, „und ich wusste nicht, wem ich eigentlich glauben kann“. Schließlich habe ihre Tochter „auch schon mal öfter gelogen, wenn es ihr nützlich erschien“. Seit der gestrigen Gerichtsverhandlung muss die gesamte Familie, bei der außer der Zehnjährigen noch zwei weitere Kinder wohnen, mit dem Geständnis des Mannes leben. Und mit der Konsequenz, dass auf den 49-Jährigen wohl eine mehrjährige Haftstrafe zukommt. Denn dass der Mann für seine Taten voll verantwortlich ist, daran ließ gestern auch der psychiatrische Gutachter keinen Zweifel: Zwar neige der Mann zu einer latenten Depression, vor allem seit er im Jahr 2006 seinen letzten Arbeitsplatz verloren habe und ihm dadurch „die Rolle eines Hausmanns zugewiesen wurde“. Aber daraus sei ebenso wenig eine „etwaige verminderte Schuldfähigkeit zu folgern“ wie aus früheren depressiven Phasen, die der Angeklagte auch nur sporadisch habe behandeln lassen. Der Prozess wird am Freitag, 19. Januar, um 9 Uhr fortgesetzt.

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