Kreis Südwestpfalz Zerstörte Pracht, jetzt wieder sichtbar

Museumsdirektor Simon Matzerath vor einer Rekonstruktion der Ruinen verfallener Burgen an der Saarschleife.
Museumsdirektor Simon Matzerath vor einer Rekonstruktion der Ruinen verfallener Burgen an der Saarschleife.

Mehr als 200 Burgen, Festungen und Schlösser wurden in den vergangenen 1000 Jahren im Saarland, im nahen Lothringen und Luxemburg errichtet. Ab morgen erinnert in Saarbrücken das Historische Museum Saar in seiner bis dato größten Einzelausstellung an den einstigen Reichtum der Region an Wehr- und Prachtbauten. Einen Großteil davon haben der Dreißigjährige Krieg, der Zweite Weltkrieg und die Französische Revolution zerstört.

Heute wäre die Saarpfalz um eine Touristenattraktion von Weltrang reicher, hätten Revolutionäre 1793 nicht das gerade erst erbaute Homburger Märchenschloss Karlsberg des Herzogs Karl II. August von Pfalz-Zweibrücken niedergebrannt. Jetzt haben einige Inventarstücke des prunkvollen Homburger Schlosses den Weg zur Ausstellung nach Saarbrücken gefunden. „Zum Beispiel leiht uns die Münchner Residenz ein Prachtgemälde Karls II. August aus, das es hier im Saarland noch nie zu sehen gab“, berichtet Simon Matzerath, der Direktor des Historischen Museums. In enger Zusammenarbeit mit Historikern, darunter der Homburger Karlsberg-Expertin Jutta Schwan, hat der Amsterdamer Spezialist Mikko Kriek eine großformatige Computer-Rekonstruktion des Homburger Schlosses und seiner gigantischen Gärten und Nebengebäude angefertigt. „Fotorealistisch bis zum einzelnen Ziegelstein“, so Matzerath, habe Kriek die herrschaftliche Anlage neu erstehen lassen – dazu fünf weitere versunkene Bauwerke wie die Burg Alt-Montclair oder das Luxemburger Schloss La Fontaine. Zudem zeigt eine animierte Computergrafik das barocke Saarbrücker Stadtschloss detailliert von allen Seiten, wie es einst in verschiedenen Epochen ausgesehen hat. Erstmals dehnt das Museum eine Sonderausstellung über drei Etagen aus. Im Erdgeschoss zeichnet es die Baugeschichte der Burgen, Festungen und Schlösser seit dem 10. Jahrhundert nach. Große und kleine Herrscher haben an der Saar, in Luxemburg und im heutigen Département Moselle 140 Burgen errichtet. Deren Blütezeit endete mit dem Siegeszug schlagkräftiger Kanonen, deren Geschossen herkömmliche Burgmauern nicht mehr standhielten. Baumeister reagierten darauf mit wuchtigen Festungen wie der Zitadelle in Bitsch, deren historisches Kartenmaterial die Ausstellung inhaltlich abrundet. Matzerath verschweigt dabei nicht, dass im 20. Jahrhundert die Nazis allen Ernstes vorhatten, „die Saarschleife abzurasieren“, um dort eine faschistische Nachwuchs-Kaderschmiede aus dem Boden zu stampfen – eine sogenannte Ordensburg. Im Untergeschoss bezieht die Ausstellung „Steinerne Macht“ die verbliebenen Reste der mittelalterlichen Burg und des Renaissance-Schlosses mit ein, auf deren Grundmauern Fürst Wilhelm Heinrich im 18. Jahrhundert das heutige Saarbrücker Stadtschloss errichten ließ. Dort wird ein Film vorgeführt, der einen mittelalterlichen Armbrust-Schützen sowie einen Soldaten mit einem frühen Gewehr beim Schießen zeigt: Der Vergleich in Super-Zeitlupe macht deutlich, wie das Aufkommen der Feuerwaffen das Festungsbau- und Kriegswesen von Grund auf revolutionierte. Die dritte Ausstellungs-Etage, tief in den Eingeweiden des Burgbergs, rückt die Gräben der sogenannten „unterirdischen Burg“, die im 18. Jahrhundert zugeschüttet und vor wenigern Jahren wieder freigelegt wurden, mit neu installierter Beleuchtungstechnik ins rechte Licht. Jene mittelalterlichen Gewölbe und Gänge im Schlossfelsen, die aus Sicherheitsgründen von Besucher nicht betreten werden dürfen, werden mithilfe von Videofilmen sichtbar gemacht. Info —Ausstellung „Steinerne Macht. Burgen, Festungen, Schlösser in Lothringen, Luxemburg und im Saarland“. 17. November 2018 bis 23. Juni 2019 im Historischen Museum Saar am Saarbrücker Schlossplatz. —Geöffnet dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr. Mittwochs bis 20 Uhr. —Eintritt sechs Euro, ermäßigt drei Euro. Ein Express-Ticket für 30-minütigen Eintritt kostet zwei Euro. Unter 18-Jährige, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger sind frei. —www.historisches-museum-saar.saarland

Diese vergoldete Uhr mit Alabaster-Einlage stand im Schloss Karlsberg. Von dort werden in der Ausstellung auch ein Golddukaten m
Diese vergoldete Uhr mit Alabaster-Einlage stand im Schloss Karlsberg. Von dort werden in der Ausstellung auch ein Golddukaten mit Schloss-Abbildung, die Pistole eines Leibgardisten, ein Jagdmesser von Herzog Karl II. August sowie eine Türklinke des Schlosses gezeigt.
Bis ins kleinste Detail hat der Amsterdamer Grafiker Mikko Kriek das 1793 zerstörte Homburger Schloss Karlsberg am Computer wied
Bis ins kleinste Detail hat der Amsterdamer Grafiker Mikko Kriek das 1793 zerstörte Homburger Schloss Karlsberg am Computer wiederauferstehen lassen.
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