Zweibrücken Wie reingemeißelt ins Sutter-Inventar

Die Gitarre spielt Lutz Drenkwitz selbst, Bass- und Schlagzeug-Sound kommen elektronisch von einer Loop-Schleife auf Band.
Die Gitarre spielt Lutz Drenkwitz selbst, Bass- und Schlagzeug-Sound kommen elektronisch von einer Loop-Schleife auf Band.

„Wär gern wie’n Faultier, will nicht mehr rennen, würd’ lieber weiterpennen.“ Er nimmt kein Blatt vor den Mund: Sänger und Songschreiber Lutz Drenkwitz lässt seine Zuhörer am Donnerstagabend an seinen Gedanken teilhaben. Im Gasthaus Sutter besingt er sein damaliges Leben in Berlin und übt während seines Konzerts oft Gesellschaftskritik. Mit seiner unverkennbar rauen Stimme gewinnen seine Texte erheblich an Aussagekraft. Mit Nachdruck schmettert der heutige Wahl-Bremer, während er sich selbst auf der Gitarre begleitet „Ich brauche Zärtlichkeit, ich brauche Liebe“ raus. Seine Texte sind gut, fehlt es ihnen doch nicht an der augenzwinkernden Ironie, die das Konzert unterhaltsam macht. Seine Lieder begleitet er auf verschiedenen Gitarren, Schlagzeug und Bass loopt er: Er tritt auf das Pedal, und der von Drenkwitz vorher selbst erzeugte Klang wird aufgezeichnet und wiedergegeben. So entsteht ein stimmungsvolles akustisches Bild. Bei Ein-Mann-Bands sind solche Tricks mittlerweile gang und gäbe. Die lockere Atmosphäre im Sutter passt ausgesprochen gut zum Sänger. Seine entspannte Art scheint wie reingemeißelt ins Inventar des Gasthauses. Dass Lutz Drenkwitz und Sutter gut zusammenpassen, bekräftigt der noch mal im Gespräch mit der RHEINPFALZ: „Seit fünf oder sechs Jahren spiele ich jedes Jahr einmal hier“, erzählt er. Als Solosänger sei er seit ungefähr 15 Jahren unterwegs. Das merkt man: routiniert, improvisierend, abwechslungsreich – das beschreibt sein Konzert am besten. Jene Lockerheit überträgt er auf die Zuhörer, von denen einer tatsächlich so locker ist, dass er nach nur zwei Liedern gerne eine Raucherpause hätte. Dabei können sich Drenkwitz’ Lieder hören lassen. „Jetzt kommt der Titelsong von meinem Album ,Uneilig’. Vom Grafen erstanden“, spielt er auf den fehlenden Konsonanten im Gegensatz zur Band Unheilig an. „Uneilig“ – das ist Leichtigkeit und gehört zur entspannten Atmosphäre des Sutter wie die lila Kuh auf der Milka-Verpackung. „Ja, ich hätt’s gern uneilig, wär gern wie’n Faultier, will nicht mehr rennen, würd’ lieber weiterpennen“, singt Drenkwitz mit gewollt heiserer Stimme. Es ist – wie die meisten an diesem Abend – ein Song vom sechsten Studioalbum, das er 2017 veröffentlicht hat. Bei manchen Liedern übertreibt er es aber ein bisschen mit jenem Rauen, Röhrigen, Heiseren. Denn die zunehmend gleichförmige Heiserkeit verliert nach einigen Liedern ein wenig ihren Reiz. „Ich möchte Sozialkritik in meinen Liedern, aber bitte unterhaltsam“, leitet er zum nächsten Lied „Wo bleibt Supermann“ über. Jenseits der allgegenwärtigen Plastikteilchen und der zunehmenden Entgleisung der Gesellschaft lässt Drenkwitz auch den Blues „Arbeit ist unser Leben“ erklingen. Ironischer geht’s kaum – sympathisch. Acht Jahre hat er in Berlin gelebt. Die Stadt habe ihn immer inspiriert, meint er. „Aber das Vertraute fehlt.“ Passend zu seiner früheren Heimatstadt singt er „Koffer in Berlin“. Darin beschreibt er die ständige Hektik der Großstadt. „Leider muss ich heute weiterziehen, denn ich hab ’nen Koffer in Berlin.“ Die Saiten der Gitarre schlägt er schneller an. So gehen Tempo, Rhythmus und Aussage des Songs Hand in Hand. Nach etwas über einer Stunde beendet Drenkwitz das Konzert. Seine ursprünglich wirkenden Lieder vom Leben und Leiden, der Hektik und vom ständigen Gesellschaftsdruck kamen gut an. Auch wenn man erstaunt ist, dass seine Stimme, wenn man mit ihm spricht, dann doch nicht heiser, sondern ganz normal klingt. Eine Erleichterung.

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