Zweibrücken Riesenfreude und große Enttäuschung liegen im Rathaus dicht beieinander

Christian Gauf (CDU, links) gratuliert dem Erstplatzierten Marold Wosnitza (SPD).
Christian Gauf (CDU, links) gratuliert dem Erstplatzierten Marold Wosnitza (SPD).

Als sich um kurz nach fünf ein Wolkenbruch über Zweibrücken entleert, der Autos zum Anhalten zwingt, wird Marold Wosnitza klatschnass auf dem Weg zur SPD-Stammkneipe, der Weinbar am Busbahnhof. Ein schlechtes Omen ist es nicht: Später im Rathaus wird der Uni-Professor der Aufsteiger des Abends sein. Das triefende Sakko hat er da gegen ein trockenes ausgetauscht, die nassen roten Turnschuhe trägt er immer noch. Sein Wahlergebnis kann er selbst kaum fassen. „Das hätte ich nicht gedacht“, sagt er ein ums andere Mal.

Im kleinen Sitzungssaal des Rathauses liegen Riesenfreude und große Enttäuschung nur zwei Meter Luftlinie voneinander entfernt. Am Bistrotisch gleich rechts neben der Leinwand mit den Ergebnissen steht der amtierende Bürgermeister und Wosnitza-Konkurrent Christian Gauf (CDU). Er ist enttäuscht und will das auch gar nicht verbergen. „Das hätte ich nicht gedacht“, sagt auch er mehrmals. Er war trockenen Fußes ins Rathaus gekommen, hatte zuvor noch mit Wosnitza gefrotzelt: „Ich bin halt früh genug losgelaufen.“ Doch nun muss er verdauen, dass ein Teil der Wähler ihn, der als Favorit gegolten hatte, im Regen hat stehen lassen. Dabei hatte der Sonntag für ihn gut angefangen. Das Spiel der F-Jugend der SV 64-Handballer in der Ignaz-Roth-Halle hatte er sich am Morgen angesehen. Die 64-er gewannen haushoch. „Das ist ja schon mal gut“, kommentierte das der OB-Kandidat, der nach eigenen Worten gut geschlafen hatte und um 8 Uhr aufgestanden war. „Wie jeden Sonntag.“ Rührig war er gewesen und den ganzen Tag unterwegs, hatte den Herbstmarkt im Rosengarten besucht, zusammen mit JU-Mitgliedern die CDU-Geschäftsstelle für den Abend vorbereitet, seine Frau besucht, die im Wahllokal Ernstweiler Dienst hatte. Wählen musste er nicht mehr, das hatte er bereits zuvor per Briefwahl erledigt. „Ich wollte mal schauen, ob das funktioniert.“ Um 18.58 Uhr fehlt im kleinen Sitzungssaal noch das Votum aus Wattweiler. Aber die Sache ist klar: Wosnitza hat Gauf überholt. Letzterer steht nun betrübt und seltsam alleine da. Wo sind eigentlich die ganzen CDU-Granden, fragt man sich. „Die sind in den Wahllokalen, als Helfer“, sagt Gauf. Seine Frau Anja kommt, zieht die nasse Regenjacke aus, stellt sich an seine Seite. Auch Heike Heb, die Ehefrau von Marold Wosnitza, ist inzwischen eingetroffen. Auch sie war zuvor als Wahlhelferin eingeteilt. Ihr Mann hat grad keine Zeit, wird von Medienvertretern befragt, muss Hände schütteln. Heike Heb gesellt sich zu einem Tisch voller Genossen und lächelt. „Ich bin nicht überrascht, dass er so gut abgeschnitten hat“, sagt sie über ihren Mann, und: „Ich bin sehr stolz auf ihn.“ Mittags habe er noch Tafelspitz gekocht, „es war hervorragend, er ist eindeutig der bessere Koch von uns beiden“. Und wenn Marold Wosnitza OB wird? Heike Heb lacht. „Dann muss er trotzdem weiter kochen.“ Das wird er wohl auch tun, hatte er doch im Vorfeld schon gesagt, dass er sich beim Kochen entspannt. Und beim Joggen. Auch das hat er gemacht am Wahltag, morgens in der Fasanerie, nachdem er um 6 Uhr aufgestanden war. 13 Stunden später macht er immer noch einen fitten Eindruck und kündigt an, auf alle Fälle noch in die Weinbar feiern zu gehen. Die nassen roten Turnschuhe bleiben an. „Die ziehe ich in den nächsten drei Wochen nicht mehr aus, die haben mir Glück gebracht“, sagt der Professor. Und bei all dem Adrenalin, das in den vergangenen Stunden ausgeschüttet wurde, ist bestimmt auch kein Schnupfen zu befürchten. Atilla Eren (parteilos) wirkt nach Ende der Auszählungen etwas geknickt. Er ist gemeinsam mit seinen Kindern, seiner Lebensgefährtin und seiner Schwiegermutter ins Rathaus gekommen, um sich die Ergebnisse anzusehen. „Das ist ja doof“, kommentiert sein sechsjähriger Sohn das Ergebnis. Der 50-Jährige trägt es mit Fassung: „Man kann nicht immer gewinnen.“ Den Nachmittag hatte Eren in seiner Stammkneipe „Hobbit“ verbracht und die vergangenen Wochen Revue passieren lassen. „Ich habe schon sehr viel Zeit in den Wahlkampf investiert. Aber es gibt auch ein Leben nach der Wahl.“ Und das will er nun nutzen: Als Erstes will er mit seiner Familie noch einen schönen Abend im „Famous“ verbringen. Feiern will er dort aber nicht. Das sieht seine 21-jährige Tochter anders: „Doch wir feiern. Wir sind nämlich stolz auf dich“, sagt Kadischa Eren. Thomas Kewel (parteilos) hat den Wahlabend zu Hause bei seiner Familie verbracht. „Unser siebenmonatiger Sohn hat uns dabei ganz schön auf Trab gehalten“, berichtet er. Die Zwischenergebnisse hat der 35-Jährige auf dem RHEINPFALZ-Liveblog verfolgt. Politisch wolle er auch künftig weitermachen. „Ich will den Abend jetzt erst mal sacken lassen und überlege mir dann, was ich machen will.“ Bis dahin gehe es für ihn beruflich ganz normal weiter. „Und den Rest des Abends verbringe ich jetzt erst mal gemütlich mit meiner Familie.“ Ebenfalls gemütlich ging es bei Klaus Peter Schmidt (AfD) zu. „Wir sitzen hier mit der Familie zusammen in der Runde und spielen Karten. Das machen wir sehr gerne“, erzählt der 59-Jährige. Mit seiner Partei will er sich im Laufe der Woche treffen, um zu beraten. Andreas Wente war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

Enttäuscht: Christian Gauf (CDU, links). Erfreut: Pervin Taze und Hedi Danner (SPD, von rechts).
Enttäuscht: Christian Gauf (CDU, links). Erfreut: Pervin Taze und Hedi Danner (SPD, von rechts).
Atilla Eren und seine Lebensgefährtin im Rathaus.
Atilla Eren und seine Lebensgefährtin im Rathaus.
SPD erstaunt übers Endergebnis: Wissenschaftsminister Konrad Wolf, Marold Wosnitza und Fraktionsvorsitzender Stéphane Moulin (vo
SPD erstaunt übers Endergebnis: Wissenschaftsminister Konrad Wolf, Marold Wosnitza und Fraktionsvorsitzender Stéphane Moulin (von links).
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