Kreis Südwestpfalz Pinguine trompeten im Dämmerlicht

Faszinierender Anblick: Kaiserpinguin-Kolonie in der Atka-Bucht vor der Schelfeis-Kante.
Faszinierender Anblick: Kaiserpinguin-Kolonie in der Atka-Bucht vor der Schelfeis-Kante.

Polarnacht, heftige Winde und Eiseskälte: An der Neumayer-Station macht die Antarktis wenige Tage vor der Wintersonnenwende ihrem Ruf als unwirtliche Region allmählich alle Ehre. Doch Helene Hoffmann stört das nicht: „Die unglaublich tollen Naturerlebnisse wiegen alle Mühen auf“, sagt die Klimaforscherin, als sie sich bei der RHEINPFALZ aus ihrem gerade heftig im Sturm wackelnden Refugium unweit der Schelfeiskante meldet.

Während ihre Angehörigen und Freunde daheim im westpfälzischen Niedermohr (Landkreis Kaiserslautern) in der Frühsommersonne schwitzen, hat Helene Hoffmann den letzten richtigen Sonnenaufgang am 20. Mai erlebt. „Nun ist zwar Polarnacht, aber das bedeutet nicht, dass es 24 Stunden lang stockdunkel ist. Wir haben immer noch rund vier Stunden Dämmerung. Und wenn der Himmel klar ist, präsentiert er sich in diesen Stunden in einer unglaublichen Farbvielfalt.“ Begeistert beschreibt die 32-Jährige den Anblick des Vollmondes. „Der Mond geht bei uns hier in der Polarregion momentan nicht unter, sondern färbt sich nur wunderschön orange, nähert sich dem Horizont und geht wieder auf.“ Während der Vollmond-Phase sei sie auch um Mitternacht draußen ohne Stirnlampe unterwegs gewesen. „Teilweise war es heller als zuvor bei Schlechtwetter und Drift tagsüber“, berichtet sie und ist „dankbar, dass ich diese unglaublich tollen Naturphänomene hier hautnah miterleben darf“. Allerdings ist mit der Dunkelheit auch die Kälte gekommen. Die Temperatur falle regelmäßig unter minus 30 Grad Celsius – bei schönem Wetter. „Wenn ich mit meinen Eltern telefoniere und mir vorstelle, dass zwischen uns gerade ein Temperaturunterschied von 60 Grad herrscht, ist das schon etwas surreal“, lacht sie. Neidisch ist sie indes nicht: „Ich mag nach wie vor die kalten klaren Tage sehr gerne. Nur die Außenarbeiten und Reparaturen werden dadurch etwas ungemütlich.“ Beispielsweise musste Helene Hoffmann kürzlich ein empfindliches optisches Instrument auf dem Dach des Spurenstoffobservatoriums reparieren, das von den Antarktis-Überwinterern „Spuso“ genannt wird. Mitunter ohne Handschuhe wegen der kleinen Schräubchen. „Da muss man ordentlich aufpassen, dass man sich keine Erfrierungen holt und die Finger regelmäßig wieder auftauen.“ Doch trotz Kälte, Sturm und Dunkelheit kann Helene Hoffmann sogar dem Marsch zur 1500 Meter von der warmen Station entfernten „Spuso“ einen Reiz abgewinnen: „Da hat man zwar null Sicht und selbst eine Stirnlampe nützt nicht viel, weil man im Licht nur eine weiße Wand vor sich sieht. Doch bei dem Gefühl, sich nur der Handleine und dem eigenen Tastsinn anzuvertrauen, wird einem die unglaubliche Weite hier so richtig bewusst“, beweist sie ihre Lust am Abenteuer – wenn auch mithilfe von GPS und Funk für den Notfall abgesichert. In den lebensfeindlichen unendlichen Weiten des ewigen Eises geht es derzeit keineswegs einsam zu: Heerscharen von Pinguinen bevölkern die Atka-Bucht, die mit Beginn der dunklen Jahreszeit fest zugefroren ist. „Die Kolonie der Kaiserpinguine hat sich wie jedes Jahr neu gebildet. Tausende von Tieren haben sich auf dem Meereis versammelt und balzen. In diesen Tagen werden sie Eier legen. Die Männchen werden dann den ganzen Winter lang diese Eier auf ihren Füßen ausbrüten und gegen die Kälte dichtgepackte Gruppen bilden, sogenannte Huddles“, berichtet Hoffmann. Noch dürfen die Forscher das Meereis nicht betreten. „Aber auch von der Schelfeis-Kante aus ist die Kolonie ein beeindruckender Anblick. Im Dämmerlicht den trompetenden Pinguinen zuschauen zu dürfen, das ist schon ein besonderes Privileg. Für mich lässt es den Respekt vor diesem Planeten und seinen Geschöpfen nur noch größer werden.“ Allerdings spielen sich die meisten Freizeitaktivitäten angesichts des ungemütlichen Wetters im warmen Inneren der Neumayer-Station ab, wie die Pfälzerin einräumt. „Wir schauen Filme, haben eine Spielerunde etabliert und wenn ich zurück komme, werde ich Billardprofi sein“, scherzt die 32-Jährige. Der Spaß komme trotz aller Forschungsarbeit nicht zu kurz: „Letzte Woche haben uns zum Beispiel der Funker und der Meteorologe eine ziemlich kniffelige Schnitzeljagd quer durch die Station organisiert. Langweilig wird es uns also auch in der Polarnacht wirklich nicht.“

Kuscheln hilft: Gegen die Kälte bilden die Pinguine dichte Gruppen, sogenannte Huddles. Für den Winter haben sich die Tiere zude
Kuscheln hilft: Gegen die Kälte bilden die Pinguine dichte Gruppen, sogenannte Huddles. Für den Winter haben sich die Tiere zudem eine dicke Speckschicht angefressen.
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