Kaiserslautern Mit Herzinfarkt im Krankenbett

Aus einem nicht alltäglichen Grund platzte gestern der Strafprozess gegen einen 43-jährigen Kaiserslauterer vor dem Landgericht: Der Beschuldigte hatte kurz vor Verhandlungsbeginn einen Herzinfarkt erlitten und saß nicht auf der Anklagebank, sondern lag im Krankenhaus.

Was tun, wenn ein Beschuldigter nicht zum Prozessbeginn erscheint, ohne ein Lebenszeichen von sich zu geben? Für den Vorsitzenden Richter war die Antwort gestern schnell klar: Als der Mann auch nach Ablauf des „Akademischen Viertels“ nicht im Saal 1 des Justizzentrums auftauchte, fasste die 4. Strafkammer auf Vorschlag der Staatsanwältin einen Beschluss – und schickte die Lauterer Polizei an den Wohnort des Mannes, der glücklicherweise nicht weit vom Hauptbahnhof gemeldet ist. „Richterlich angeordnete Vorführung“ nennt sich der Vorgang, der für den Betroffenen in der Regel kostenpflichtig ist. Aber auch nach einer einstündigen Karenzzeit war von dem 43-Jährigen noch immer nichts zu sehen. Stattdessen hatte der beauftragte Polizist eine E-Mail ans Gericht geschickt. Ja, man habe versucht, den Beschuldigten in seiner Wohnung aufzustöbern. Dort habe allerdings trotz vielfachen Klingelns niemand geöffnet. Weil der Betreffende jedoch ein altbekannter Kunde der Lauterer Ordnungshüter sei, habe man versucht, ihn per Handy zu erreichen. Und siehe da: Der Mann habe abgehoben und die Westpfalz-Klinik als seinen derzeitigen Aufenthalt angegeben. Dort müsse er auch noch bleiben, denn er habe gerade einen Herzinfarkt erlitten. Der Polizist begnügte sich nicht mit der fernmündlichen Auskunft, sondern nahm den angeblichen Patienten lieber persönlich in Augenschein. Für das Misstrauen gibt es gute Gründe: Erst Anfang dieses Jahres war nämlich eine mündliche Verhandlung vor der gleichen Strafkammer geplatzt, weil eben dieser Beschuldigte einfach nicht erschienen war. Damals ging es um einen Fall von gefährlicher Körperverletzung, die von der Staatsanwaltschaft angeklagt war. Gestern sollte gleich noch ein zweiter Vorwurf dieser Art zur Verhandlung kommen, angeblich begangen an der Ehefrau. Vorläufig bleibt es jedoch bei der Schonfrist für den Mann, denn die Polizei fand den Gesuchten tatsächlich im Krankenbett vor. Auch der behandelnde Arzt bestätigte den Befund eins Herzinfarkts. Also blieb auch dem Vorsitzenden Richter nichts anderes übrig, als das Verfahren „auf unbestimmte Zeit“ zu vertagen. Nach knapp zwei Stunden war die gestrige Verhandlung für die fünf Mitglieder der Strafkammer, den Pflichtverteidiger sowie zahlreiche geladene Zeugen vorbei. Übrigens auch für einen psychiatrischen Sachverständigen, der gestern eigens aus Homburg an der Saar angereist war: Er soll nämlich das Gericht bei der Antwort auf die Frage beraten, ob der Beschuldigte für seine Straftaten überhaupt strafrechtlich belangt werden kann. Ob die Verhandlung gegen den 43-Jährigen noch in diesem Jahr wieder aufgenommen werden kann, blieb gestern unklar.

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