Zweibrücken Latente Erotik aus der Gartenecke

Tolle Jazz- und Rocktitel, virtuos gespielt, bot Fingerpicking-Gitarrist Doc Schäfer in Bahnhof Würzbach in Blieskastel.
Tolle Jazz- und Rocktitel, virtuos gespielt, bot Fingerpicking-Gitarrist Doc Schäfer in Bahnhof Würzbach in Blieskastel.

Doc Schäfer sorgte mit seiner Gitarre und einer breitgefächerten Auswahl an Songs am Samstagabend für beste Stimmung im bis auf den letzten Platz besetzten Biergarten des Bahnhofs Würzbach.

Das lauwarme Sommerwetter führte die mehr als hundert Besucher in den Biergarten, dicht gedrängt saßen sie auf Stühlen und Bänken oder sicherten sich bei Bier, Wein, Würstchen und Salat einen Platz an den Stehtischen. Alte Freunde begrüßten sich, plauderten angeregt. Und Michael Doc Schäfer, ehemaliger Zahnarzt und seit den 70er Jahren als Musiker auf zahlreichen Kleinkunstbühnen unterwegs, machte aus einer bunt beleuchteten Gartenecke sehr schnell seine ganz persönliche Bühne, in einer sehr intimen, ungezwungenen Atmosphäre. Wie ein moderner Barde saß er auf seinem Hocker, die Gitarre in der Hand, seine helle und doch so warme, geschmeidige Stimme klang ausdrucksvoll, wenn er in seiner Fingerpicking-Spielweise alte Latin-, Pop- und Rocksongs interpretierte, oft in eigenen Arrangements. Sehr malerisch spielte er „Sunny“, ein Soul-Evergreen aus dem 60er Jahren, in markanten und doch weich fließenden Rhythmen. In klaren Konturen trat die Melodie hervor, sehr plastisch ausgeformt und doch ganz unprätentiös. Und gerade diese Einfachheit machte Doc Schäfers Interpretation mit ihren vielen kleinen, nahezu unmerklichen Nuancen umso berührender. Dass nicht alle Träume wahr werden, musste Doc Schäfer selbst bei einer Südamerika Tour erleben, zu der ihn seine Frau verleitet hat. „Das Girl von Ipanema, das Jobim zu seinem Song inspiriert hat, hab’ ich an dem Strand von Ipanema leider nicht getroffen. Ich war irritiert. Da waren so viele Girls, ich konnte mich nicht entscheiden„, kommentierte er das Problem mit kabarettistischem Humor. „Das war ein Hippiemarkt mit Körpershow“. Das hielt ihn aber nicht davon ab, den weltbekannt gewordenen Hit des brasilianischen Komponisten Antonio Carlos Jobim, der schnell zu einem Aushängeschild des Bossa Nova wurde, in einer sehr persönlichen Version zu spielen. In einer Mischung aus Sprechgesang und lockerem Plauderton setzte er zu fließenden Gitarrenrhythmen ein, die zunehmend kraftvoller und bewegter wurden, die wechselnden Gefühle und Stimmungen des Interpreten nachempfanden. Temperamentvolle, latente Erotik prägten auch Schäfers Eigenkomposition „Lying on the Beach“. Ein Protestsong ist „Mein Name ist Mensch“ nach einem Text von Rio Reiser. „Das ist ein politisches Stück, das passt zu unserer aktuellen Zeit.“ Bewegt waren Schäfers Gitarrenakkorde, aufgewühlt und aufwühlend seine Stimme in dieser Strophenballade. „Ich bin über zehntausend Jahre alt, und meine Väter, Mütter, Schwestern und Brüder sind schwarz, gelb, rot und weiß“ klang sein erregter Appell. „Der Planet Erde wird uns allen gehör`n, und es wird keine zehntausend Jahre mehr dauern“, sang er in einer beschwörenden Vision. Rockig und groovig war Schäfers Version von Willie Nelsons „On the Road Again“, ein harter Beat prägte den Shocking-Blue-Song „Venus“, in dem der Sänger zu pulsierenden Rhythmen seine Leidenschaft hinausschrie. Flippig und doch kraftvoll geriet „Room to Move“, John Mayalls Bluesrock-Song aus dem Jahr 1969. „Das ist auch das Motto unserer Ehe“, schmunzelte Doc Schäfer mit einem Seitenblick zu seiner Frau, die ebenfalls bei dem Konzert anwesend war. Und mit Jethro Tulls „Locomotive Breath“ ließ Doc Schäfer den Abend stimmungsvoll ausklingen.

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