Zweibrücken Kunst mit Elektronik-Häppchen

„Ölplattform“ (2017): Gemälde mit Computerteilen von Susanne Freiler-Höllinger, zu sehen in Homburg in der Klinik für Urologie.
»Ölplattform« (2017): Gemälde mit Computerteilen von Susanne Freiler-Höllinger, zu sehen in Homburg in der Klinik für Urologie.

Es fehlt nur noch, dass irgendetwas blinkt. Macht es manchmal auch, aber eher zufällig, wenn das Licht auf winzige Spiegel fällt. Die stammen aus Handys, Computern und alten Fernsehern. Denn die Zweibrückerin Susanne Freiler-Höllinger verarbeitet Elektroschrott in ihrem Gemälden. Das kann man in der Homburger Uniklinik sehen.

Vieles, was Susanne Freiler-Höllinger malt, sieht nach Science-Fiction aus. Ist es aber nicht, wie sie betont, denn sie liest gar keine Science-Fiction-Romane. „Da ist mir zu viel Kampf und Fantasie, ich beschäftige mich lieber mit der realen Welt. Da haben wir genug: die Implantate, die Cyborgs, die Digitalisierung, Siri und Alexa, Satelliten, die Vernetzung ...“ So schleichend, wie sich das Digitale in unseren Alltag integriert, integriert die 1965 in Zweibrücken geborene Künstlerin (sie lebt heute in Trippstadt) kleine Elemente aus dem Innenleben der Smartphones und Computern in ihre Gemälde. Richtig hübsch sehen die oft aus: kleine Kästchen, Rädchen, seltsame Metallteilchen mit und ohne Loch, winzige Lesegeräten, Spiegeln, Rillen, Platinenteilchen, die wie Objekte aus der Vogelperspektive aussehen. Die werden aufgeklebt und manchmal auch farbig so angemalt, dass sie sich besser ins Gemälde einfügen, denn im Mittelpunkt steht immer etwas anderes: Am häufigsten Pilotinnen, aber auch mal eine putzige Drohne, die über der Stadt fliegt, eine Ölplattform, ein Satellit im All, sogar Fische, die Elektronik verschluckt haben, sieht man auf den Gemälden, die zwischen einem halben und eineinhalb Quadratmeter groß sind. Zurzeit hängt eine Auswahl jüngerer (von 2017/2018) und älterer (von 2016) Arbeiten im Atrium der Urologie in der Homburger Uniklinik. Das ist ein Rundumlauf-Gang mit durchgehender Glasfront, weißen Wänden und großen Lichteinfall. Wenn die Sonne scheint, blinkt es manchmal geheimnisvoll auf den Bildern, was sie noch eine Spur digitaler macht. Ein Bild pro Tag malt die ausgebildete Malerin, die in Trippstadt eine Malschule betreibt und sehr oft auf Tour ist. Sie zeigt ihre Kunst bei Ausstellungen, oft auch auf Messen, gerade kommt sie von einer Karlsruher Messe, zeigte Arbeiten in diesem Jahr aber schon bei einem New Yorker Kunstprojekt und im Vorjahr im Pariser Louvre. So langsam wird sie bekannt mit ihrer ungewöhnlichen Kunst, in der die Elektronik nicht aufgesetzt wirkt, sondern wie Bausteine, die einfach dazugehören. Freiler-Höllinger hatte schon immer ein Faible für Technik, sie machte erst eine Ausbildung zur Technischen Zeichnerin, dann zur Maschinenbau-Technikerin, bevor sie begann, Kunst zu studieren – und ein Schlüsselerlebnis hatte: Ihr Mann zerlegte einen Computer. „Ich habe seitlich reingeschaut und dachte, das sieht aus wie die Skyline einer Stadt. Und es waren so schöne Farben da – türkis, blau, rosa. Die Technik ist so schön, die ist schon Schmuck an sich“, meint Freiler-Höllinger. Sie nahm sich einige Teile und klebte sie auf ihre Gemälde. Doch im Mittelpunkt steht nie die Technik, immer der Mensch und seine Umwelt. Das ist oft ein Frauenkopf im Helm, eine Astronautin eine Pilotin, eine Androidin. „Die Augen von Frauen sind ansprechender“, sagt sie und auch: „Selbst meine Männer sehen immer weiblich aus.“ Weil ihr die ausrangierte Elektronik nicht ausreicht, malt Freiler-Höllinger oft noch lange weiße Drähte auf, in geraden Linien, aber auch in Kreisen, wie es am besten passt. Im Fall der Ölplattform wird daraus sogar eine futuristische Sonne. Doch sie sieht die Technik auch kritisch und regt zum Nachdenken an: Ihre riesige Drohne, die wie ein Flugzeug über der Stadt schwebt, trägt das Peace-Zeichen – und die beiden jungen Leute, die nur auf ihre Handy schauen, wirken entrückt und verloren zugleich. Ausstellung Susanne Freiler-Höllinger: „Elektronik Kunst“, Homburg, Klinik für Urologie (Gebäude 6), bis 29. April, Öffnungszeiten: permanent. Der Eintritt ist frei.

„Siri“: So stellt sich Susanne Freiler-Höllinger auf ihrem Gemälde die Spracherkennungssoftware von Apple vor.
»Siri«: So stellt sich Susanne Freiler-Höllinger auf ihrem Gemälde die Spracherkennungssoftware von Apple vor.
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