Zweibrücken Innerer Aufruhr bricht sich Bahn

Hexen, Wassergeister und schwarze Ritter tummelten sich in den Werken, die der Chor aufführte.
Hexen, Wassergeister und schwarze Ritter tummelten sich in den Werken, die der Chor aufführte.

Hexen, Wassergeister und schwarze Ritter tummelten sich in dieser musikalischen Walpurgisnacht, mit der der Kammerchor Zweibrücken zusammen mit den Solisten Eva-Maria Schappé, Fabian Hemmelmann, Imke Michaels sowie Pianist Steffan Buchmann und Rezitatorin Silvia Bervingas unter der Leitung von Dorothea Jakob am Sonntagabend etwa 120 Besucher im Audimax der FH begeisterte.

„Milch des Mondes fiel aufs Kraut“ – diese Eingangszeile aus dem Geisterchor in Carl Maria von Webers (1786-1826) Oper „Der Freischütz“ brachte die Grundstimmung des Konzertes auf den Punkt. Die schaurigen Seiten der Romantik in Wort und Ton kamen in packender Dramatik in den Liedern von Eva-Maria Schappé zum Ausdruck, Bildprojektionen unterstrichen die Assoziationen, die die Lieder weckten. Während die Sopranistin im „Elfenlied“ von Hugo Wolf (1860-1903) noch neckische Töne anschlug, blühte ihre zunächst verhalten agierende Stimme in der „Lorelei“ op. 70 von Ferdinand Hiller (1811-1885) in höchster Erregung auf, innerer Aufruhr brach sich hier Bahn, stellenweise scheute die Interpretin auch vor grellen Härten nicht zurück; jeder Ton vibrierte vor Spannung. Ein ausgewogenes Klangbild prägte dagegen die Partien von Bariton Fabian Hemmelmann und des Zweibrücker Kammerchores, immer leiser verklang dagegen der Sopran Eva-Maria Schappés und erstarb schließlich – ebenso wie die „Lorelei“. Als ein anderes verführerisches Geisterwesen – eine Sirene – präsentierte sich die Sopranistin in dem Lied „Les Sirènes“ der französischen Komponistin Lili Boulanger (1893-1918). Aus der romantischen Femme fatale Lorelei ist hier eine Femme fragile geworden, wie eine Jugendstilprojektion zeigt. Der Kammerchor Zweibrücken überzeugte hier durch ätherisch-schwebende Klänge in einer rhythmisch absolut sicheren Mehrstimmigkeit, die vage, unbestimmt vor sich hin treibende Harmonik verwies auf das Fin de Siècle. Voller Emphase brachte sich der volle und doch schlank geführte Sopran von Eva-Maria Schappé in dieses leichte und doch so bezaubernd farbige Klangbild ein, dessen Lautmalerei ein Summchor noch hervorhob. Ein musikalischer Schwebezustand zwischen Tag und Traum war auch die Syrinx für Flöte solo von Claude Debussy (1862-1918). Ein Bild von Sommerähren im Wind im Stil des Impressionismus unterstrich die Atmosphäre dieser selbstvergessen vor sich hinklingenden Weise, die Imke Michaels in hellen, warm verhauchten Klängen ihrer Querflöte gestaltete, die sich im Nirgendwo zu verlieren schienen. Wie die schönste Festesfreude in düsterer Trauer enden kann, beschrieb Silvia Bervingas mit einer eindringlichen Rezitation von Ludwig Uhlands (1787-1862) Ballade über den schwarzen Ritter. Hier bittet der Tod zum Tanz, das zeigte ein Holzschnitt mit einem Totentanzmotiv, doch dem alten König wurde es erst klar, als seine beiden Kinder in seinen Armen starben. Sein verzweifelter Aufschrei nach dem Tod rührt diesen aber nicht: „Greis, im Frühling brech` ich Rosen“ – Silvia Bervingas’ Stimme jagte mit diesen, leisen, doch unerbittlichen Worten mehr als einem Zuhörer einen kalten Schauer über den Rücken. Diese Stimmung griff der Kammerchor Zweibrücken mit Auszügen aus der Kantate „The Black Knight“ des britischen Komponisten Edward Elgar (1857-1934) auf. In dumpf-verhaltenen Klängen, fast flüsternd, setzte der Kammerchor Zweibrücken mit beschwörendem Ausdruck und wundervoll einheitlichem Corklang ein. Wie von einer einzigen Stimme gesungen klang der Trauerruf, in den das Werk mündete. Doch – was wäre eine Walpurgisnacht ohne Hexen? Und so kam er Hexenchor aus Giuseppe Verdis Oper „Macbeth“ zu Wort, bevor ein zauberhaftes Konzert mit Auszügen aus „Die erste Walpurgisnacht“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) in einer spannenden Arie voll packend gestalteter dramatischer Entwicklungen unter großem Applaus ausklang.

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