Zweibrücken Heerscharen aus Himmel und Hölle

„Zwei Engel“, Figuren des polnischen Künstlers Eugeniusz Zegadlo aus bemaltem Lindholz, zu sehen im Zweibrücker Stadtmuseum.
»Zwei Engel«, Figuren des polnischen Künstlers Eugeniusz Zegadlo aus bemaltem Lindholz, zu sehen im Zweibrücker Stadtmuseum.

Wer derzeit den Herzogsaal im Zweibrücker Stadtmuseum betritt, ist sicherlich im ersten Moment verblüfft. Denn dort scheint eine Ausstellung mittelalterlicher Holzskulpturen präsentiert zu werden. Auf den zweiten Blick wird jedoch klar, irgendetwas stimmt hier nicht. Die bunten Engel und die Heiligen haben doch eine ganz moderne Anmutung.

Eugeniusz Zegadło ist einer von drei polnischen Künstlerinnen und Künstlern, die in Zweibrücken bei den polnischen Kulturtagen ausgestellt werden. Es war ein glücklicher Zufall, dass zwei Ausstellungen renommierter Künstler aus dem Nachbarland im Osten gleichzeitig dem Stadtmuseum angeboten wurden. Der Bildhauer Zegadlo kam auf Vermittlung der Deutsch-polnischen Gesellschaft Saar und deren stellvertretendem Vorsitzenden Hans Bollinger in die Rosenstadt. Eugeniusz Zegadło, 1943 bei Kielce geboren, kommt aus einer Schnitzerfamilie mit langer Tradition, die sich mit der Herstellung von Holzspielzeug beschäftigte. Auch die Anfänge des jungen Eugeniusz liegen dort. Doch er hat sich im Laufe der Jahre auf naive religiöse Kunst spezialisiert. Was sich auch im Herzogsaal zeigt, denn die Mehrzahl der dort ausgestellten Figuren stellen eine ebenso himmlische wie heilige Personnage dar. Engel in vielen Varianten zum Beispiel. Einzeln und in Gruppen, stets mit eindrucksvollen Flügeln und strahlenden Farben. Die übrigens ein wesentliches Merkmal der Arbeit des polnischen Bildhauers sind. Unbemalte Holzfiguren sind für Eugeniusz Zegadlo unvollständig. Daher bemalt er seine Skulpturen mit eigens gemischten Ölfarben. Das Ergebnis ist ebenso strahlend wie transparent. Die himmlischen Boten spielen diverse Instrumente oder schützen kleine Kinder Eben, was man als Engel so macht. Dazwischen biblische Motive. Etwa die Arche Noah. Ein gutes Beispiel für die liebevolle Hinwendung zum Detail. Neben Noah selbst, der die legendäre Taube in Händen hält, bevölkern zahlreiche Tierpaare das Schiff – voller Erwartung auf das Ende der Sintflut. Da dürfen Heiligenfiguren natürlich nicht fehlen. Georg, der Drachentöter etwa, hoch zu Ross einen eigentlich gar nicht so schrecklichen Lindwurm besiegend. Nikolaus wird präsentiert, St. Martin tut Gutes und die drei Könige sind auf dem Weg zum Jesuskind. Während Jonas gerade vom Walfisch verschlungen wird. Eindrucksvoll auch die detailreichen Kruzifixe, die von einer besonderen Ausstrahlung umhüllt zu sein scheinen. Wo das Heilige wohnt, ist das Gegenteil nicht weit. Und so entdeckt man in der Ausstellung auch Hexen und Kobolde, die frech und provokant ihr Unwesen treiben. Wie ausdrucksstark und emotional berührend die Arbeiten von Eugeniusz Zegadlo sein können, beweisen auch seine profanen Motive. Polnische und jüdische Musiker, ein Brautpaar, ein Arzt, der nachdenklich eine Diagnose zu stellen scheint. Und immer wieder Vögel. Klein und zahlreich auf dem Vogelbaum, lebendig und dynamisch wirkend. Oder als einzelne, lebensgroße Exemplare. Es ist ein ganz eigener Kosmos, den der Künstler hier erschaffen hat. Voller Details, stets mit Tiefgang und immer mit einer Prise augenzwinkerndem Humor. Die ganz eigene expressive Art zu arbeiten, hängt mit dem gewählten Material zusammen. Die Skulpturen von Eugeniusz Zegadło sind immer in Lindenholz und meistens aus einem Stück geschnitzt. Wie sie letztendlich aussehen, hängt von der Beschaffenheit des Holzes ab, das dem Schnitzer zur Verfügung steht. Danach richtet sich etwa die Form der Engelsflügel oder die Art des Instrumentes, das dem himmlischen Wesen in den Arm gelegt wird. Doch ganz gleich, ob Himmel, Hölle oder ganz profaner Alltag, die Arbeiten im Herzogsaal erzählen spannende Geschichten. Das ist die große Kunst, die Eugeniusz Zegadlo zu schaffen vermag. Ausstellung Eugeniusz Zegadlo: Holzschnitzereien; Herzogsaal im Stadtmuseum Zweibrücken, Herzogstraße 9, bis 28. Oktober. Öffnungszeiten: Dienstag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch bis Sonntag und Feiertage 14 bis 18 Uhr. Infos im Internet unter zweibruecken.de/ museum.

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