Pirmasens Hasenbesuch im Pförtnerhäuschen

„Man guckt den Menschen nur bis an die Stirn“, sagt Paul Heim, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Südwestpfalz, nach der mutmaßli
»Man guckt den Menschen nur bis an die Stirn«, sagt Paul Heim, Vorstandsvorsitzender der VR-Bank Südwestpfalz, nach der mutmaßlichen Veruntreuung von 1,1 Millionen Euro durch zwei Mitarbeiter.

Für Paul Heim haben seine Bank und Pirmasens etwas gemeinsam: „Wir müssen unsere Stärken in den Fokus stellen.“ Heim ist seit Mitte 2016 Vorstandsvorsitzender der inzwischen fusionierten VR-Bank Südwestpfalz Pirmasens-Zweibrücken, wie der Zusammenschluss der VR-Banken Pirmasens und Südwestpfalz heißt. In den zwei Jahren hat er mit Blick auf die Stadt festgestellt: „Es gibt viele, die jammern, aber offenbar nichts ändern wollen.“ Ja, Pirmasens hat einen riesigen Schuldenberg, und ja, „der eine oder andere Bau hat eine Renovierung verdient − aber es gibt doch auch viele schöne Punkte hier“. Man dürfe nicht immer nur die negativen Seiten beleuchten, müsse stärker hervorheben, was die Stadt zu bieten hat. „Selbst in einer vermeintlich so schönen Stadt wie Wiesbaden gibt es Stellen, die nicht hübsch sind.“ Heim ist beeindruckt davon, wie Pirmasens den Niedergang der Schuhindustrie gemeistert hat, „wie sich Dinge, die am Schuh hingen, weiterentwickelt haben“. Als Beispiele nennt er die Forschung für die Schuhindustrie und die Kunststoffproduktion. „Es sind so viele Unternehmen in diesen Bereichen unterwegs, das muss man stärker herausstellen.“ Und in Zeiten der Digitalisierung, in denen viele Menschen mehr oder weniger von jedem Ort aus arbeiten können, könnte günstiger Wohnraum eine Gegend durchaus attraktiv machen. Der 53-jährige frühere Wirtschaftsprüfer des Genossenschaftsverbands wohnt unter der Woche in Pirmasens, wochenends ist er bei seiner Familie in Wachenheim. Im Sommerwald hat er „ein kleines Pförtnerhäuschen“ gemietet. „Ich fühle mich richtig wohl dort, es ist reichlich Grün drumherum“, erzählt Heim. „Neulich hat mich morgens ein Feldhase im Zimmer besucht.“ Auch Rehe stünden öfter mal vor der Tür. Paul Heim hat zwei Söhne. Der ältere (20) studiert Jura in Mainz. Der jüngere (18) möchte Böttcher werden, also Fassbauer. Das mit dem Wein liegt in der Familie: Heims Cousin gehört die Heimsche Privat-Sektkellerei in Neustadt. Was die RHEINPFALZ im Sommergespräch natürlich wissen will: Wie geht die Aufarbeitung der mutmaßlichen Veruntreuung voran? Wie zuletzt am 16. Juni berichtet, sollen zwei ehemalige Mitarbeiter der VR-Bank über Jahre gemeinsam 1,1 Millionen Euro veruntreut haben. Das hatte die Bank im April öffentlich gemacht; die Zweibrücker Staatsanwaltschaft ermittelt noch. Vorstand, Aufsichtsrat und Mitarbeiter hätten eine gewisse Art gefunden, damit umzugehen, berichtet Heim. „Das Thema begleitet uns.“ Der Imageschaden sei nicht in Zahlen zu beschreiben. Auch er habe spöttische Kommentare geerntet, als die Sache bekannt wurde. Eine Gesellschaft arbeite den Fall im Auftrag der Bank auf. Der Prüfbericht, der in wenigen Wochen vorliegen soll, gehe dann auch an die Staatsanwaltschaft. Heim betont erneut, Kunden seien durch die mutmaßliche Veruntreuung nicht geschädigt worden. Doch verstehe er Ärger und menschliche Enttäuschung: Immerhin ist die VR-Bank eine Genossenschaftsbank, und für die 14.600 Mitglieder sei das „ihre Bank“, immerhin gehört sie ihnen ein Stück weit. Auch Heim spricht von einer „Belastung“, einer „großen Enttäuschung“, die ihn gelehrt habe: „Man guckt den Menschen nur bis an die Stirn“, selbst nach jahrelanger Zusammenarbeit. Die Bank habe nachgebessert, berichtet Heim. „Es gibt jetzt andere Vorgänge, andere Regelungen, eine andere Bestandsaufnahme“, sagt er, ins Detail geht er nicht. „Wenn wir nicht reagiert hätten und es passiert noch mal etwas, könnten wir nicht mehr in den Spiegel gucken.“ Das Gespräch endet mit der Frage nach den berühmten 10.000 Euro: Was sollte man mit dieser Summe machen, wenn man sie nicht unbedingt braucht? Paul Heim rät zu „entsprechend strukturierten Aktienfonds“. Es komme darauf an, wie lange man auf das Geld verzichten kann, wie risikobereit der Kunde ist und wie sein persönlicher Notfall aussieht: Der eine müsse auf die Rücklagen zurückgreifen, wenn das Haus ein neues Dach braucht, der andere, wenn die Waschmaschine kaputtgeht.

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