Zweibrücken Eine Zeitreise mit Schmankerln

Unter dem Motto „Frisch und spritzig“ dirigierte Björn Weinmann das Ensemble, dessen Repertoire von lateinamerikanischen Rhythme
Unter dem Motto »Frisch und spritzig« dirigierte Björn Weinmann das Ensemble, dessen Repertoire von lateinamerikanischen Rhythmen über französische Chansons zu Jazz-Klassikern und Achtziger-Hits reichte.

Swing, der die Beine kribbeln lässt. Filmmusik, bei der man am liebsten mitsingen möchte. Neue-Deutsche-welle-Songs, die man selten von einer Blaskapelle hört. Die Zweibrücker Stadtkapelle zeigte bei ihrem Frühjahrskonzert am Samstag in der Aula der ehemaligen Hauptschule Nord, welches breite Repertoire an Genres sie zu bieten hat. Es war eine Zeitreise mit ausgewählten Schmankerln, die den Zuhörer da abholen, wo er seit dem letzten Konzert des Duke Ellington Orchestras gewartet hat.

Unter dem Motto „Frisch und spritzig“ dirigierte Björn Weinmann das Ensemble, dessen Repertoire von lateinamerikanischen Rhythmen über französische Chansons zu Jazz-Klassikern und Achtziger-Hits reichte. Von der variablen Komposition Jacob de Haans „Concerto d’amore“ über Arrangements traditioneller deutscher Lieder wie „Alle Vöglein sind schon da“ oder „Komm lieber Mai und mache“ bis zu einem Medley zackiger Bill-Ramsey-Schlager begeistert das Orchester durch Vielseitigkeit und exzellente Vorbereitung. Besonders hervorzuheben ist ein Medley aus französischen Chansons mit „Sous le ciel de Paris“, „Moulin Rouge“, „La vie en rose“ und anderen Elementen. Durch seine Getragenheit und hohe Frequenz von Geschwindigkeitswechseln ist man immer auf die nächsten Sekunden und Tonfolgen gespannt: Hier besteht keinerlei Gefahr aufkommender Müdigkeit − weder bei den Musikern noch beim Publikum. Schlagzeuger Nico Knörker treibt die Musiker auf den Drums an und gibt energetisch, aber souverän den Takt vor. Auch Frederike Nordmeier am Fagott, die noch nicht lange dabei ist, überzeugt durch Dynamik und fehlerfreien Einsatz: eine große Bereicherung für die Stadtkapelle. Weiter geht es mit einem Intermezzo der „Böhmischen der Stadtkapelle“, einer extra fürs Frühjahrskonzert aufgestellten 14-köpfigen kleineren Besetzung. Das um über die Hälfte reduzierte Ensemble widmet sich Stücken des tschechischen Komponisten und Kapellleiters Ladislav Kubeš. Der „Bauernmarsch“ und „Mit Volldampf“, Stücke seiner Veselka-Kapelle, halten auch bei der Zweibrücker Formation, was die Namen versprechen. Die Böhmischen der Stadtkapelle lassen kaum den Rest des Orchesters vermissen. Durch eine doppelt so laute Dynamik gleichen sie das Fehlen der anderen Musiker spielerisch aus: ein hörbar gelungene Abwechslung, die das Publikum mit lautem Applaus honoriert. Die vor kurzem aufgestellte 16-köpfige Big Band gibt zwischendurch Kompositionen im Stile der großen Big-Band-Ära zum Besten. Hierfür kommt Achim Rohr als externe Trompeter-Verstärkung dazu. Die Medium-Swing-Stücke „Big Band Party“ von Karl Grell und „Scoop“ von Hans Czettel lassen die Beine kribbeln. Bei „Velvet Eyes“, einem Slow des österreichischen Komponisten Kurt Brunthaler und „Jammin’“, einem wahren Big-Band-Kracher von Franz Handler, würde das Publikum nun sichtlich gerne die Stühle beiseite schieben und die Hüften schwingen, aber die Musiker haben noch einiges mehr zu bieten. Wer in seiner Freizeit sonst keinem Brass-Sound frönt, hört spätestens bei den Dschungelbuch-Arrangements von Marcel Peeters vertraute Klänge. Hier ist wieder die ganze Stadtkapelle mit ihrer 42 Mann starken Besetzung am Start. Bei „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“ sieht man einige Zuschauermünder stumm die Zeilen des Bären Balu mitsingen. Hier summen zwar keine Bienen durch die Luft. Dafür saubere Bläserklänge, die den Alltag und die Sorgen des Publikums für kurze Dauer verjagen. Den krönenden Abschluss bildet ein Medley aus fünf Pop-Songs aus der Zeit der Neuen Deutschen Welle. Das Stück ist ein Arrangement des deutschen Komponisten und Dirigenten Thiemo Kraas. Hier trifft nach „Skandal im Sperrbezirk“, „Ohne dich“ und „1001 Nacht“ der Sound von „Sternenhimmel“ auf Falcos „Rock Me Amadeus“ und bildet eine Harmonie, die sich klasse ergänzt. Das Frühjahrskonzert hält, was das Motto verspricht. „Frisch und spritzig“ kommen die Arrangements und Stücke daher. Eine ambitionierte, aber perfekt ausgewogene Auswahl aus Genres und Epochen, die den Zuhörer zurück zu den Wurzeln und hin in die Zukunft führt. Auch Orchesterleiter und Dirigent Björn Weinmann ist erfreut. „Die Varianz und Facettenreiche, die wir gezeigt haben, hat mich genauso begeistert wie das Publikum“, ist er am Ende zufrieden.

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