Zweibrücken Der Tod und die Liebe

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Die Rolling Stones vermarkten mit „Havana Moon“ das gefühlt 10 000. Konzert auf CD und Bluray; scheinbar um nicht der Altersarmut anheim zu fallen. Sogar Sting kroch zuletzt aus dem Grab der Lautenklänge wieder in Richtung Rockmusik empor. Seine neue Musik erinnert trotzdem ein wenig an „The Walking Dead“. Deren Veröffentlichungen werden aber lauthals gefeiert; wenigstens von Marketingabteilungen. Von solch einträglichem Ruhm kann der Ex-Krautrocker Dieter Bornschlegel nur träumen. Dabei ist seine Kunst um Welten lebhafter.

„Warum sind Sie denn hier? Ist das ein Berühmter?“, möchte eine Besucherin im Gasthaus Sutter wissen. Rund 40 Leute sind da, um dem ehemaligen Mitglied von Guru Guru - mehr oder weniger – zuzuhören. Sie zahlen keinen Eintritt. Ein von Peter Rohr herumgereichter Hut entscheidet später über Ein- und Auskommen des Musikers. „Zahl das, was dir die Musik wert ist“, lautet seine Ansage. Im Hut liegen Geldscheine. Nicht alle der Anwesenden sind alt genug, um von der bedeutenden deutschen Krautrockband Guru Guru wenigstens gehört oder gelesen zu haben. Dabei war Guru Guru 1976 immerhin die erste deutsche Band, die in der legendären Sendung „Rockpalast“ auftreten durfte. Erst ein Jahr danach stieg Bornschlegel – für drei Jahre – erstmals in die heute noch aktive Band ein. In den 90er Jahren sollten drei weitere folgen. Seit 1995 hat der Gitarrist keine CD mehr veröffentlicht. Auf seiner Internetseite erklärt er, dass er seine ganze Energie in das Üben, in neue Songs und neue Spieltechniken stecken wolle. CD-Aufnahmen würden ihn hiervon nur abhalten. In der Tat ist Bornschlegels Technik unbeschreiblich faszinierend. Zumal er seine sichtbar abgegriffene, aber so wohlklingende Gitarre als Gesamtklangkörper nutzt. Dabei liegt die Akustische meist rücklings auf des Künstlers Schoß, während Bornschlegel die Saiten zuweilen wie ein Klavier behämmert. Bornschlegel ist einer der besten Gitarristen, die je in Zweibrücken aufgetreten sind. Denn er erschafft mithilfe moderner Technik ein Klangbild, das man bei geschlossenen Augen einer Armada von Gitarren zuschreiben könnte. Bornschlegels Musik klingt nach Pop, Fusion, Prog und Rave. Während hier das Inferno ausbricht, können Klänge dort in ein Mantra münden. Und regelmäßig blitzt großes popmusikalisches Potenzial auf. Der Mann komponiert zuweilen bessere Balladen als der moderne Xavier Naidoo. Inhaltlich drehen sich Bornschlegels Texte oft um das Leben und den Tod. An einer Stelle heißt es: „Wenn nichts mehr geht, geht vielleicht noch alles.“ An anderer Stelle singt er gefühlvoll: „Wir sind noch ganz heiß, auf dem Laken ein Fleck. Ich liebe dich. Die Bilder von dir sind noch bei mir, unterm Bett in einem Karton.“ Bornschlegel nimmt einige seiner Songs immerhin auf Video auf und lädt sie in diverse Internetkanäle. Dieses wundervolle Stück, „Bilder von dir“, hat er leider noch nicht aufgezeichnet. „Das wollte ich längst machen, danke für den Tipp“, sagt der Gitarrist artig, bevor er sich wieder in seine Musik vertieft. Bornschlegel sucht einen Videografen, der ihm helfen könnte, aus zahlreichen Einzelstücken eine DVD zu produzieren. Es ist schade, dass er noch keinen gefunden hat.

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