Zweibrücken Den Menschen so nah

Hat Kurt W. Becker den Raucher auf Kuba entdeckt? Foto: Moschel
Hat Kurt W. Becker den Raucher auf Kuba entdeckt?

„Gesehen! Natur und Straße“ heißt die Zweibrücker Foto-Ausstellung von Kurt W. Becker und Wolfgang Schlachter. Der eine hat den Blick für die Natur (Schlachter), während der andere traditionelle Straßen- und somit Menschen-Fotografie betreibt, eine Gattung, die im Datenschutzwahnsinn auszusterben droht.

In großen Formaten (bis zu 80 Zentimeter breit) zeigt der 1964 geborene Wolfgang Schlachter künstlerische Fine-Art-Prints von Waldlandschaften, Bäumen, aber auch dem Meer, das durch Langzeitbelichtungen sanft Felsen umspült. Meist farbreduziert, jedoch nie ganz monochrom, sind seine Werke. Spiegelungen im Wasser bezieht der Fotograf dabei geschickt ein – ebenso Licht und Schatten, also die Seele der Fotografie. Damit beweist er sowohl fotografisches Können auf hohem Niveau als auch geschulten Blick.

Den hat Schlachter, der in Zweibrücken als Steuerberater arbeitet, auch bei der Hängung seiner Fotos bewiesen. Sie sind im Erdgeschoss der Verbandsgemeinde-Verwaltung Zweibrücken-Land zu sehen. Breitformate mit Motiven aus Mohnblumenfeld und Orchideen hat Schlachter, der Mitglied im Zweibrücker Kunstverein ist, als Hochformat-Tryptichon übereinander gehängt, womit die Einzelmotive noch einmal besser wirken. Nummeriert hat Schlachter seine Werke allerdings einzeln. Betitelt sind die Großformate nur technisch, etwa mit der Beschreibung „Panorama Color“.

Kein Name, keine Nummer, kein Hinweis

Selbst darauf hat Straßenfotograf Kurt W. Becker, der lange als Facharzt für Anatomie arbeitete und an der Homburger Universitätsklinik lehrte, verzichtet. Kein Name, keine Nummer, kein Anhaltspunkt, wo seine Fotos aufgenommen wurden oder wann. Das mag bei einer Landschaft nicht wichtig sein, bei reportageartiger Straßenfotografie wären ein paar Angaben jedoch wünschenswert. Offensichtlich entstanden viele der eindrucksvollen Schwarzweiß-Fotos des 1952 in Saarbrücken geborenen Fotografen in Asien und Afrika. Doch in welchem Land und zu welcher Zeit bleibt unbekannt. Mittendrin statt nur dabei hat Becker Szenen eingefangen, die mal anrührend sind, mal Lust auf Reiseabenteuer wecken.

Diskutierende Männer

Die Fotos sind in der ersten Etage der VG-Verwaltung Zweibrücken-Land zu sehen. Diskutierende Männer in einem arabischen Basar, Kinderaugen in Afrika, ein rauchender Mann im Halbprofil, der Kubaner sein könnte. Vielleicht lässt Kurt W. Becker, den Betrachter seiner toll fotografierten Szenen absichtlich im Dunkeln, damit sich der Betrachter selbst seine Gedanken macht. Der zweite Vorsitzende des Zweibrücker Kunstvereins versteht sich nicht nur auf Technik. Er liefert gestochen scharfe Fotos mit starken Kontrasten ab. Er versteht offensichtlich auch, wie man Menschen nahekommt, um sie so zu fotografieren, dass der Betrachter mittendrin ist im Geschehen anstatt nur dabei. Eine Situation, die Fotografenlegende Robert Capa einmal beschrieben hat mit dem Satz: „Sind Deine Fotos nicht gut genug, warst Du nicht nah genug dran“.

Kurt W. Becker war nah genug dran an seinen Motiven, wobei Capa jedoch nicht die räumliche Nähe meinte, sondern die soziale Nähe, das Eintauchen in die Situation, das Akzeptiertwerden vom fotografischen Subjekt. Becker kann Reportage, hat auch den Blick für teils skurrile Situationen und Motive, von denen zwei, drei der gezeigten Prints an die berühmten Fotos des Magnum-Fotografen Elliot Erwitt erinnern.

Putzfrau kehrt Freiler aus

Kurios ist das Foto einer schlafenden Frau auf Treppenstufen mit Schippe und Besen (vom Autor dieser Zeilen instinktiv als „ausgekehrt“ betitelt) hängt ausgerechnet neben dem Namensschild des nicht mehr wiedergewählten ehemaligen ersten Beigeordneten der Verbandsgemeinde Zweibrücken-Land (Klaus Freiler). Vermutlich unabsichtlich.

Ausstellung

Kurt W. Becker/Wolfgang Schlachter: „Gesehen! Natur und Straße“, Fotografien, Zweibrücken, Verbandsgemeinde-Verwaltung Zweibrücken-Land, Landauerstraße 18-20, bis 31. Juli, der Eintritt ist frei. Öffnungszeiten: montags bis mittwochs 8.30-12 und 13.30-16 Uhr, donnerstags bis 18 Uhr, freitags 8.30-12.30 Uhr.

Wolfgang Schlachter liebt Landschaften. Foto: Moschel
Wolfgang Schlachter liebt Landschaften.
Foto von Kurt W. Becker aus Afrika. Foto: Moschel
Foto von Kurt W. Becker aus Afrika.
Die Spiegelung hat Wolfgang Schlachter meisterhaft integeriert.  Foto: Moschel
Die Spiegelung hat Wolfgang Schlachter meisterhaft integeriert.
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