Zweibrücken Bei Queen schmelzen die Akrobaten im Feuer

Rockmusik, wie man sie spektakulärer kaum mit der Zirkuskultur verbinden kann, war in der Festhalle zu sehen.
Rockmusik, wie man sie spektakulärer kaum mit der Zirkuskultur verbinden kann, war in der Festhalle zu sehen.

Man muss sich darauf einstellen, dass das Sprachzentrum einige Momente lang aussetzt. Feuerspeere, atemberaubende Akrobatik in der Luft und auf dem Boden, eine sich in alle Richtungen biegende Schlangenfrau – „Rock the Circus“ bot wunderschöne Momente.

Bei „Girl on Fire“ (Alicia Keys, 2012) erglüht die Bühne. Die aus Großbritannien stammende Shelly taucht die Bühne in Flammen, als sie mit dem Feuerstab wirbelnd spiralen- und reifenförmige Bewegungen macht. Die Illusion ist perfekt – ebenso wie der aus Berlin stammende Sänger Tommy Heart, der selbst die höchsten Töne meistert. In hautenger paillettenbesetzter Hose fügt er sich nahtlos in das Gesamtbild der Artisten ein. Das Bemerkenswerte an der Darbietung ist, dass sich die Artisten von Song zu Song nochmal übertreffen. War die Bühne eben noch ein Flammenmeer, erobert beim ruhigen „Tears in Heaven“ Sheyen Caroli die Bühne. Die gebürtige Italienerin vollführt fließende Bewegungen, und ehe die rund 250 Zuschauer wissen wie ihnen geschieht, hat sie ihre Beine hinter den Kopf geschwungen und gleicht einer Spinne. Leichtfüßig, elegant und bewundernswert legt sie einen Spagat hin oder biegt Arme und Beine voneinander weg, nur um sie wieder hinter den Kopf zu strecken. Wie bei allen Liedern harmoniert die Darbietung perfekt zur Musik: die Eleganz Sheyen Carolis passt sich der Sinnlichkeit der Musik an – als wäre der Song für ihre Akrobatik gemacht worden, nicht umgekehrt. Es ist eine grandiose Komposition, ein Juwel, der sich in der Festhalle funkelnd offenbart: 15 Artisten und sechs Musiker lassen einen die Lieder ganz anders erleben. Beim Queen-Hit „The Show Must Go On“ (1991) lassen vier Artisten Akrobatik und Feuer verschmelzen. Sie gehen sektengleich um Sänger Tommy Heart umher, ehe sie beim großartig gesungenen Refrain mit den Feuerspeeren jonglieren. Doppel- und Einzelspeere werden geschwungen, und dann finden sich die beiden Damen auf den starken Schultern der Männer wieder, was sie nicht davon abhält, weiter zu jonglieren. Das großartige Finale des Songs ist ein doppeltes Feuerrad, das Gordon umherwirbelt. Nahtlos geht die Band in „We Will Rock You“ über. Alle Akrobaten kommen auf die Bühne, schlagen Rad oder vollführen kurze Breakdance-Nummern. Martin Tonev und Diogo Dolabella landen radschlagend von außen nach innen fast genau nebeneinander. Luft holen zwischen den Choreographien – Fehlanzeige. Immer voller Energie, voller Körperspannung und wahnsinnigen Ideen überzeugt Rock The Circus auch bei „Another One Bites the Dust“. Sheyen Caroli ist es wieder, und diesmal nimmt sie den Songtext ernst und spannt die Sehne einer Armbrust – und zwar mit einem echten Pfeil. Aber nicht, wie man meinen könnte, mit den Händen, sondern mit den Zehen. Pünktlich zum Ende des Lieds trifft sie die rechts angebrachte Zielscheibe. Sie hält den Guinness-Weltrekord für Fußbogenschießen 2017. Shelly hingegen überzeugt nicht nur am Boden mit ihrer außergewöhnlichen Akrobatik: Auch in der Luft, als sie sich scheinbar mühelos an einem weißen Tuch hochzieht, vollführt sie Drehungen, macht eine Rolle nach unten und macht am Tuch hängend einen Spagat. Da ist Tina Turners „Simply the Best“ mehr als gerechtfertigt. Der Nebel, die Scheinwerfer oder die Pyrotechnik muss man bei solch einer grandiosen Show wohl nicht mehr erwähnen. Gebündelter kann Rock, Akrobatik und Eleganz nicht mehr sein als an jenem Abend.

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