Kreis Südwestpfalz Bechhofen: Wolfgang Dengel über sein Leben nach dem Jagdunfall

„Ich werd’ jetzt 56. Ich kann nicht mehr lange stehen oder sitzen. Und eine Arbeit, bei der man sich größtenteils hinlegt, die w
»Ich werd’ jetzt 56. Ich kann nicht mehr lange stehen oder sitzen. Und eine Arbeit, bei der man sich größtenteils hinlegt, die wird’s wohl nicht geben«, sagt der zuletzt selbstständige Forstarbeiter Wolfgang Dengel ernüchtert.

Jetzt, wenn das Wetter schöner wird, ist es besonders schlimm. „Ich war immer nur draußen, Baum hoch, Baum runter, war immer im Gelände unterwegs“, erzählt Wolfgang Dengel. Das war, bevor ihn ein Jäger bei einer Treibjagd anschoss. Jetzt ist er froh, wenn er überhaupt länger aus dem Haus kann. Der frühere Forstarbeiter wartet auf weitere Operationen an seinem Bein und darauf, dass sich der Schütze vor Gericht verantworten muss.

Dass die Zweibrücker Staatsanwaltschaft Anklage gegen besagten über 70-jährigen Jäger erhebt, hat der Bechhofer aus der Zeitung erfahren. Wobei noch nicht feststeht, ob und wann das Zweibrücker Amtsgericht den Fall verhandelt. „So langsam wird’s mal Zeit, dass Bewegung in die Sache kommt“, findet Dengel. Immerhin liege der Unfall schon acht Monate zurück. Dengel hat nach eigenen Worten seitdem rund 3000 Euro von der Versicherung des Schützen bekommen − „unter Vorbehalt“, wie er erzählt. Entsprechend wenig habe er daheim behindertengerecht umbauen können, bisher nur ein paar Gestelle im Bad. „Damit ich besser in die Wanne komme. Eine Tortur ist das trotzdem noch.“

Wochen im Krankenhaus

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Jäger fahrlässige Körperverletzung vor. Er habe bei der Treibjagd zwischen Bechhofen und Rosenkopf am 13. August seine Sorgfaltspflicht verletzt und ins für ihn nicht einsehbare Maisfeld geschossen. Dengel verbrachte nach dem Jagdunfall Wochen im Krankenhaus, wurde mehrfach am linken Unterschenkel operiert, war in Reha und wartet nun auf weitere Nachrichten von Ärzten der Homburger Uni-Klinik. „Sie wollen noch zwei- bis dreimal operieren“, erzählt er, unter anderem um Sehnen am Knochen anzusetzen. Das linke Bein sei derzeit nicht stabil, „es wackelt hin und her“. Von der Hoffnung, dass es noch einmal vollständig heilt, hat er sich verabschiedet.

Schauen und reden

Bei gutem Wetter „quäle ich mich hoch aufs Plätzchen“, wie der Bechhofer ein gepachtetes Grundstück außerhalb des Dorfes nennt, „damit ich mal was anderes sehe“. Dann sitzt er da, schaut in die Landschaft oder den Schafen zu. „Mehr kann ich ja nicht mehr machen.“ Doch, reden. Dengel freut sich über jeden Besucher. Sowohl Familien mit Kindern als auch Bekannte kamen in den vergangenen Jahren regelmäßig auf dem Gelände vorbei − zum Spielen und Grillen, zum Reden und Feiern. Der Bechhofer hofft, dass das so bleibt. Er freue sich über jedes Gespräch, das ihn ablenkt, sagte er gestern der RHEINPFALZ. Ab und an holten ihn auch Bekannte zu einem Ausflug ab. Seine Herde auf dem Grundstück, etwa 25 Tiere, hatte Dengel nach eigenen Worten noch vom Krankenbett aus reduziert − auf einen Bock und vier Muttertiere. Sein Bruder und ein Mieter kümmerten sich um die Tiere. Er selbst gehe an Krücken, dürfe das verletzte Bein nur mit maximal 35 Kilo belasten. Im Haus nutzt er einen Rollstuhl.

Beruflich keine Perspektive

Bei schlechtem Wetter „bin ich fast 24 Stunden im Bett, davon schlafe ich zwei bis drei Stunden“, erzählt er. Den Rest der Zeit liege er wach, fragt sich, wie es nun weitergehen soll. Beruflich sieht er keine Perspektive. „Ich werd’ jetzt 56. Ich kann nicht mehr lange stehen oder sitzen. Und eine Arbeit, bei der man sich größtenteils hinlegt, die wird’s wohl nicht geben“, sagt der zuletzt selbstständige Forstarbeiter ernüchtert. Selbst das Zuschauen, wenn andere draußen arbeiten, falle ihm schwer. Jüngst hätten sein Bruder und Bekannte Hecken geschnitten und sich dabei mit der Motorsäge aber etwas ungeschickt angestellt. „Das sieht man dann und kann nicht helfen. Man kommt sich vor wie das letzte Rad am Wagen.“ Wolfgang Dengel will keinen Kontakt mehr zu dem Mann, der ihn anschoss. Er hatte ihn anfänglich im Krankenhaus besucht, was Dengel jedoch irgendwann zu viel wurde. „Letztens hat er über seinen Anwalt ein Schreiben geschickt, dass er sich mit mir unterhalten will. Daran hab’ ich kein Interesse. Dann kommt alles wieder hoch.“ Zumal er den Mann aus dem Landkreis Kaiserslautern ab und an im Auto vorbeifahren sehe − „und dann dreht er immer den Kopf weg, als ob er mich nicht sieht“, berichtet Dengel. Der Jäger hat bislang nicht öffentlich zu den Vorwürfen gegen ihn Stellung genommen.

Keine Äußerung

Laut Dengel geht der Mann noch immer auf die Jagd. Die Kreisverwaltung Kaiserslautern, die die Jagdscheine ausgibt, wollte sich hierzu am Dienstag nicht äußern. Laut Pressesprecherin Georgia Matt-Haen war die Kreisverwaltung Kaiserslautern „nicht für eine Stellungnahme gefragt“, da das Jagdgebiet nicht ihrem Zuständigkeitsgebiet liegt.

x