Zweibrücken Als er den Wein für die Bowle nicht rausrückte

Im Prozess gegen eine 42-jährige Zweibrückerin wegen versuchten Totschlags sagten gestern, am zweiten Verhandlungstag, der 66-jährige Freund der Angeklagten und ihr Betreuer aus. Die Frau soll am 18. September 2018 in ihrer Wohnung in Zweibrücken einen 57-Jährigen, der zeitweise bei ihr lebte, mit einem abgebrochenen Flaschenhals in den Hals gestochen und schwer verletzt haben.

Bei dem Streit soll sie außerdem ihrem 66-jährigen Gefährte, der sich ebenfalls in der Wohnung aufhielt, mit Schlägen auf den Rücken verletzt haben. Staatsanwalt Rouven Balzer geht von verminderter Schuldfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit aus. Die 42-Jährige leide an einer schweren Persönlichkeitsstörung (wir berichteten am 14. März). Dies bestätigte gestern auch ihr Betreuer, ein Jurist. Vor einigen Jahren habe er die Betreuung übernommen, nachdem die Stiefschwester der Angeklagten damit gescheitert war. Probleme habe es immer wieder gegeben mit ihrem zeitweiligen Mitbewohner, so der Betreuer. Der 57-Jährige sei bei der Frau eingezogen. „Sie rief mich immer wieder zur Hilfe, ich sollte ihn aus der Wohnung schmeißen. Er war obdachlos und hat sie negativ beeinflusst. Sie hat auch viel Alkohol getrunken. Auf gut Deutsch: Sie haben zusammen gesoffen.“ Trotz der Probleme habe sie den Mann immer wieder in ihre Wohnung gelassen – bis ihm letztlich der Vermieter, die Gewobau, Hausverbot erteilt habe. Der 57-Jährige sollte gestern vor Gericht aussagen. Er blieb aber ohne erkennbaren Grund fern. Die Vorsitzende Richterin Susanne Thomas will ihn von der Polizei vorführen lassen. Diese sei dabei, an den einschlägigen Plätzen in Zweibrücken nach ihm zu suchen, so Thomas. Wie der Streit in der Wohnung eskalierte, schilderte gestern der 66-jährige ständige Begleiter der Angeklagten. An diesem Nachmittag habe die Angeklagte eine Bowle ansetzen wollen. „Sie macht eine gute Bowle“, betonte der Zeuge immer wieder. Der 57-jährige habe die dafür benötigte Flasche Wein nicht rausrücken wollen. Und da sei die Angeklagte ausgerastet. „Im Wohnzimmer hat sie mit allen Sachen nach ihm (dem 57-Jährigen) geworfen. Mit einer Scherbe hat sie ihm in den Hals gestochen, er blutete“, sagte der 66-Jährige. Er selbst habe mehrere Schläge auf den Rücken von ihr abbekommen. Beide Männer seien dann über den Balkon geflüchtet „Wir hatten beide Angst“, schilderte der 66-Jährige. Ruhig, fast stoisch saß die Angeklagte während der Zeugenaussagen neben ihrem Verteidiger Max Kampschulte. Ihr Betreuer sagte, sie lebe in geordneten Verhältnissen. Er habe für sie eine Waisenrente erzielt. 2016 habe sie den Bescheid über ihre Schwerbehinderung bekommen. Sie leide an einer psychischen Störung. Am Prozess nimmt ein psychiatrischer Gutachter teil. Er soll über die Schuldfähigkeit der Angeklagten befinden. Der Prozess wird am Dienstag fortgesetzt.

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