Speyer Wochenchronik:

Walter Feiniler ist auf dem Weg nach Mainz in die weichen Sessel der Regierungskoalition im Landesparlament. Sein Weg dahin führt jedoch zunächst über harte Bänke in Schulsälen. Der Speyerer Genosse ist nämlich zum Polit-Praktikanten geworden. Ende des Jahres tritt er die Nachfolge von Friederike Ebli an, die ihr Mandat an ihren Noch-B-Kandidaten weiterreicht. Seine Bald-Vorgängerin nimmt ihn deshalb in diesen Tagen an die Hand und zeigt ihm, wie Polit-Alltag so geht. Aus Anlass des Gedenktages 9. November sprachen Parlamentarier der Region in den Schulen der Region. Feiniler durfte dabei sein, unter anderem in der Realschule plus in Dudenhofen. Da saß er dann – allein in der ersten Reihe. Vor der Tafel. Die Schüler weit hinter ihm. „Mama“ Friederike saß am Podium und sprach. Ein Gefühl wie erster Schultag, wenn man noch keinen kennt, noch keinen neuen Freund hat und vor allem noch so gar keine Ahnung davon hat, was die Anderen vorhaben. Es könnten Gegner sein! Nur die Schultüte fehlte. Nicht für die Schule, für das (Politiker-)Leben lernen wir. Der Mann aus Wiesloch war außer sich: „Stellen Sie sich vor, was mir passiert ist, das glauben Sie nicht.“ Was war los? Der Mann hatte tags zuvor morgens einen leichten Autounfall erlebt. Eine Frau war ihm an der Ausfahrt der B 9 Richtung Otterstadt hinten aufgefahren. Letztlich nichts Schlimmes. Sie holten die Polizei und die Frau rief ihren Automobilclub an: den ADAC. Die Unfallautos standen derweil auf der Straße und blockierten den Berufsverkehr. Die Warnblinker liefen, die Warnschilder sicherten die Stelle. Es dauerte zweieinhalb Stunden, bis die Polizei kam. Sie hatte zeitgleich drei andere Unfälle aufzunehmen. Unfallaufnahme vorbei: Der Mann will die Fahrbahn endlich freiräumen, aber sein Wagen springt nicht mehr an. Batterie zu schwach. Er bittet den ADAC-Mann um Starthilfe. Vergebens. Der Wieslocher ist Mitglied im falschen Automobilclub. Starhilfe kostet nur nix für ADAC-Mitglieder, alle anderen müssen 50 Euro berappen. Der Frau ist das peinlich, der Polizei auch. Dem ADAC-Mann, er gehört zu einem Schifferstadter Unternehmen, das im Auftrag der „gelben Engel“ unterwegs ist, schert das nicht. Er fragt bei seinem Chef telefonisch nach – und fährt dann davon. Die Polizei kann keine Starhilfe geben, um die Elektronik ihrer Autos nicht zu gefährden. Die Beamten haben es dann doch getan. Per Muskelkraft. „Ein Schubser hat gereicht“, berichtet der Mann dankbar und stinksauer auf den Automobilclub. „Die müssen sich grade noch so benehmen, haben ohnehin kein gutes Image“. In München geht demnächst ein Brief aus Wiesloch ein. Inhalt: ein paar geharnischte Worte über einen Serviceclub ohne Serviceleistung. Die Wege Gottes sind seltsam und oft unergründlich. Seine Stellvertreter auf Erden sind oft genauso unterwegs. Deren Wege führen mal ins Abseits und mal ins Glück. Beispiel Umbaupläne für Bistumshaus St. Ludwig und Priesterseminar. In der Stadtmitte haben die falschen Pläne bisher nur Geld gekostet. Am Germansberg wird nun ein neuer Weg eingeschlagen. Kirchen-Grund wird Baugelände, unter anderem für junge Familien – so die denn kaufen (können). Natürlich freuten sich die Mitarbeiter des Konzerns Kirche bei der Präsentation am 10. November darüber. Sie waren am Tag vor dem Start der närrischen Saison sogar schon zum Scherzen aufgelegt. Auf Nachfrage eines Pressevertreters erläutert Helmut Stickl vom Denkmalamt gerade, wann eine Ausgrabungs-Kampagne bei den Archäologen beginnt und wie lange sie dauert. Da ruft Priesterseminar-Chef Markus Magin laut dazwischen: „Die Kampagne beginnt nicht am 11.11. Das ist eine andere Veranstaltung.“ Noch ein Beispiel gefällig? Der für das Projekt zuständige Architekt Oliver Brünjes erläutert später, dass zwischen Priesterseminar-Gelände und Kloster-Gelände eine Grünschneise verlaufen wird. Dort seien bis auf zwei seltene Eidechsenarten keine schützenswerten oder vom Aussterben bedrohten Tiere gefunden worden. Brünjes: „Das ist der Grünstreifen, den wir intern auch liebevoll gerne Eidechsenrennbahn nennen.“ Der liebe Gott hat sie alle lieb, die Menschen und die Tiere und sein Personal. Einen großen Auftritt hat die Speyerer Weinrunde beim 61. Ordenstag der Weinbruderschaft der Pfalz am Sonntag in Neustadt hingelegt. 50 Mitglieder waren unter Leitung ihres rührigen Sprechers Heinz-Jürgen Engberding aufgelaufen. Fünf Speyerer wurden offiziell in die Bruderschaft aufgenommen. Für alle Außenstehenden sei gesagt: So ein Ordenstag ist eigentlich auch nur eine Mitgliederversammlung eines Vereins. Nur eben viel schöner, weil es nur guten Wein zu trinken gibt. Das Treffen kann deshalb manchmal auch dauern. Am Sonntag hat im Saalbau Kapitelmeister Markus Heil nach einigen Stunden gerade zum Schlusswort angehoben: „Ein ereignisreicher Ordenstag geht zu Ende …“ Da rief ein Weinbruder am Speyerer Tisch – vernehmbar: „Hoffentlich! Die sollen Schluss machen jetzt, oder wenigstens die Worschd bringe.“ Für Außenseiter: Der reiche Pfälzer Imbiss mit Hausmacher und Käse ist traditionell der letzte Programmpunkt. Und der duftete in dem Moment schon verlockend aus dem Nebenraum, die Abfahrtszeit des Busses rückte näher und die letzte Flasche war gerade erst noch bestellt. Stadtratssitzung am Donnerstag: Lange Tagesordnung, heiße Themen, diskussionsfreudige Ratsmitglieder, lange Debatten um Themen, Kompromisse, Geschäftsordnungen. Und am Ende auch noch einer, der es noch mal auf den Punkt bringt: Aurel Popescu von der Fraktion der Linken. Als sich fast alle Fraktionen zum Thema Auwald, Forstmanagementplan, Fehler, Versündigung an der Natur, Konzeption, Bedeutung, Erhalt ausgelassen haben – bis auf die Linke, meldet der sich kurz und bündig: „Es ist alles schon gesagt, aber noch nicht von jedem. Deshalb sage ich hier. Auch wir sind für den Erhalt des Auwaldes.“ Dieses Eingeständnis war überfällig, in dieser knappen Formulierung ist ihm nichts hinzuzufügen. Fortsetzung der Debatte folgt ohnehin am 4. Dezember im Umweltausschuss. Entschieden wurde nämlich ohnehin nicht. Denn das Thema wurde im Ganzen dorthin verwiesen.

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